Vom BOF-Kurs zum Beruf

Seit sechs Jahren lebt der mittlerweile 37-jährige Alaa Kaloush in Leipzig. Nach seiner Flucht aus dem Libanon war das Ankommen für ihn nicht leicht. Dennoch konnte Alaa Kaloush etliche Hürden meistern und sich in Deutschland eine berufliche Zukunft schaffen. Die Teilnahme an dem Programm "Berufliche Orientierung für Zugewanderte (BOF)" war hierzu der Schlüssel.

Auf der Suche nach Sicherheit

Der Libanon ist seit Jahrzehnten ein sehr instabiles Land. Wirtschaftskrisen, politische Unruhen und geringe Arbeitschancen veranlassen viele Bürgerinnen und Bürger dazu, dem Land den Rücken zu kehren. Insbesondere bei den jüngeren Bevölkerungsschichten sehen sich viele genötigt, Chancen auf Bildung oder Arbeit außerhalb ihrer Heimat zu suchen.

Bevor Alaa Kaloush ohne familiäre Begleitung nach Deutschland kam, arbeitete er mehrere Jahre als Verkäufer in einem Modeunternehmen. Die Schule besuchte er bis zur 12. Klasse, sein Fachabitur machte er im Bereich Wirtschaft. Mit 31 Jahren entschloss er sich dazu, den Libanon zu verlassen. Auch sein Bruder verließ später seine Heimat und emigrierte so wie Alaa nach Deutschland.

Nach seiner Ankunft wurde Alaa in einer Gemeinschaftsunterkunft in Rackwitz im Landkreis Nordsachsen untergebracht. Hier lebte er monatelang unter einschränkenden Bedingungen. „Am Anfang war es sehr schwierig, sich in Deutschland zurechtzufinden“, erzählt uns Alaa Kaloush. „Ich durfte aufgrund meiner Aufenthaltsgestattung nicht viel machen.“ Einfache Dinge, wie das Abschließen eines Handyvertrages oder die Anmeldung zum Führerschein stellten eine große Herausforderung für ihn dar. Unmöglich war ihm die Suche nach einer eigenen Wohnung oder gar nach einer Beschäftigung. Die fehlende Teilhabe sowie geringe soziale Kontakte erschwerten ihm wiederum das Erlernen der deutschen Sprache. Alaa Kaloush konnte erst im zweiten Jahr nach seiner Ankunft in Deutschland einen Deutschkurs (B1) besuchen.

Die Wende

Nach Beendigung des sechsmonatigen Sprachkurses widmete er sich seiner Berufswahl. Doch bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz hatte Alaa Kaloush zunächst einige Schwierigkeiten. Fehlende Informationen darüber, wie in Deutschland ein Bewerbungsschreiben verfasst wird, verhinderten einen Einstieg in die Ausbildung. Seine Bemühungen blieben wochenlang erfolglos.

Ein Mitarbeiter der Agentur für Arbeit empfahl ihm daraufhin, bei der Handwerkskammer in Leipzig einen BOF-Kurs zu besuchen. Die Teilnahme am Kurs war der erste Schritt zum Erfolg in seiner Berufslaufbahn. Hier wurde er durch die Kombination aus Sprachkurs, Fachunterricht und praktischen Erfahrungen optimal auf eine Ausbildung vorbereitet: Das Hineinschnuppern in verschiedene Ausbildungsberufe erleichterte ihm die Wahl; im Bewerbungstraining bekam er Hilfestellung beim Verfassen von Anschreiben und Lebenslauf.

Alaa Kaloush erhielt durch seine Teilnahme einen ersten Einblick in den Friseurberuf und das Berufsfeld Kosmetik und absolvierte ein achtwöchiges Praktikum in einem Friseurbetrieb. Gefallen hat ihm an diesem Beruf besonders das Haareschneiden und der tägliche Kundenkontakt. „Ich mag es sehr, mit Leuten zu reden - mein Deutsch wird dadurch auch immer besser!“, erzählt uns Alaa Kaloush. Die freundliche und zuvorkommende Art seiner Kolleginnen und Kollegen beeindruckten ihn. Im Betrieb kam aber auch seine Art gut an. „Er konnte schnell überzeugen, denn Alaa besitzt eine ruhige und dennoch kommunikative Art“, berichtet uns Ahmed Barhdadi, Leiter des BOF-Projekts bei der Handwerkskammer Leipzig. „Alaa ist nicht kompliziert, und bewahrt Ruhe – auch in stressigen Situationen.“ Ein Ausbildungsangebot ließ nicht lange auf sich warten. Bereits in den ersten Wochen des Praktikums wurde ihm ein Vertrag angeboten.

Ahmed Barhdadi betont im Gespräch die Bedeutsamkeit der kontinuierlichen Motivation und Unterstützung für die Teilnehmenden. BOF war für Alaa Kaloush eine große Chance, gleichzeitig eine Wende in seiner beruflichen Laufbahn. Alleine einen Ausbildungsplatz zu finden, schien vor der Teilnahme des BOF-Kurses noch unmöglich. Nun gelang ihm dieser Schritt, und das mit vollem Erfolg. Durch die Ausbildung erhielt er für drei Jahre eine Ausbildungsduldung und somit zunächst die Gewähr in Deutschland bleiben zu können.

Erfahrungen während der Ausbildung

Während seiner Ausbildung besuchte er zwei Mal die Woche einen berufsbezogenen Sprachkurs, um sein Deutsch zu verbessern. Somit hatte er täglich ein langes Programm zu durchlaufen, denn der Kurs, der auf ein C1 Sprachniveau vorbereitete, dauerte bis 21 Uhr abends. Die Suche nach einer eigenen Wohnung wurde durch die Hilfe seines Arbeitgebers erleichtert. Mit einem Duldungsstatus ist es ohne Hilfe beinahe unmöglich, eine Wohnung zu finden. Auch bei der Vorbereitung auf die theoretische Abschlussprüfung konnten ihm seine Kolleginnen und Kollegen helfen. Die Unterstützung war für ihn Erleichterung und Motivation zugleich. Dadurch gab er nicht auf und schloss seine Ausbildung zum Friseur mit Erfolg ab.

Seine Familie in der Heimat konnte kaum glauben, dass er heute als Friseur arbeitet und tatsächlich Haare schneiden kann. "Sie dachten erstmal, ich erzähl Witze", berichtet er uns mit einem Grinsen im Gesicht. Er ist zufrieden mit seiner Berufswahl und stolz darauf, dass er problemlos arbeiten kann. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung erhielt er vom selben Betrieb einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Und das Bestehen seiner Abschlussprüfung wurde im Salon groß gefeiert. Die freundschaftliche Bindung zu seinen Arbeitskolleginnen und - kollegen veranlasste ihn dazu, seinen Beruf weiterhin im selben Betrieb auszuüben. Seine Ziele für die Zukunft: Er möchte weiterhin in Deutschland bleiben, die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen und eine Weiterbildung zum Meister abschließen.

Durch Unterstützung von außen, aber auch durch Disziplin, Fleiß und viel Geduld konnte Alaa Kaloush sich eine berufliche Perspektive in Deutschland aufbauen. Zum Abschluss betont er, dass er jedem Zugewanderten eine Chance wünschen würde, wie er sie bekommen hat. Das Ankommen in Deutschland sei schwierig und belastend, vor allem bei Zugewanderten ohne Familie. Programme wie BOF können es ermöglichen, den passenden Beruf und einen ersten Einstieg ins Berufsleben zu finden. So wie es bei Alaa Kaloush möglich war.

Ras Hussein