Interkulturell sensible Berufsorientierung

Wie kann man Menschen aus anderen Ländern bei ihrer Berufsorientierung und Integration in den deutschen Arbeitsmarkt unterstützen? Ein Seminarangebot zu interkultureller Kompetenz und Kommunikation liefert(e) Impulse.

Fünf Frauen sitzen bei einer Gruppenarbeit um einen Tisch.
© BIBB / BOP

Die Seminarreihe des BIBB (2015-2017) bestand aus Workshops und Online-Kursen. Sie richtete sich an Projektleitungen und Ausbildungspersonal bei Trägern und Kooperationsverbünden des Berufsorientierungsprogramms (BOP) und der Initiative „Wege in Ausbildung für Flüchtlinge“ (inklusive dem Programm „Berufsorientierung für Flüchtlinge“) sowie an Berufseinstiegsbegleiterinnen und ‑begleiter.

Die entstandenen Lehrbriefe können Sie auf dieser Seite herunterladen:

Zu den Lehrbriefen

Hintergrund

Im Berufsorientierungsprogramm gewinnen jugendliche Migrantinnen und Migranten gemeinsam mit ihrer Schulklasse an der Werkbank erste Eindrücke vom Berufsleben. Das hilft ihnen, sich beruflich und sozial zu integrieren. Doch die Arbeit des Ausbildungspersonals mit den Jugendlichen hält viele interkulturelle Fettnäpfchen bereit. So muss viel mehr als nur die Sprachbarriere berücksichtigt werden: Die jungen Menschen kommen aus Ländern mit anderen Wertvorstellungen und anderer Kommunikationsweise. Wenn eine Ausbilderin oder ein Ausbilder etwas sagt, müssen wir uns fragen: Kommt das Gemeinte ohne Missverständnisse bei den Jugendlichen an? Und auch umgekehrt: Kommt bei den Ausbildenden an, was die Jugendlichen sagen wollen?

Die praktische Berufsfelderkundung in den Werkstatttagen dient der beruflichen Orientierung. Auch hier muss den Jugendlichen vermittelt werden: Wozu dient diese Berufsorientierung eigentlich? Denn oft gibt es in den Herkunftsländern keine vergleichbare Praxis.

Die Seminarreihe bot den Teilnehmenden die Chance, ihre Handlungskompetenz in interkulturellen Situationen ihres beruflichen Alltags weiterzuentwickeln, um sensibel auf die vielfältigen kulturellen Hintergründe der Jugendlichen reagieren zu können.


Inhalte der Fortbildung

Inhaltliche Schwerpunkte:

  • In der ersten Präsenzveranstaltung wurde ein Grundverständnis von Kultur und interkultureller Kompetenzentwicklung anhand von Praxisbeispielen erarbeitet. Was bedeutet Kultur in der beruflichen Bildung? Wie können sich Ausbilderinnen und Ausbilder im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen so verhalten, dass diese sich respektiert fühlen und auch ihr Gegenüber respektieren? Welcher Regeln und Tabus aus anderen Kulturen sollte man sich bewusst sein? Wie geht man in der Lehrsituation sensibel damit um?
  • Unterschiedliche kulturelle Regeln und fehlendes Bewusstsein hierüber können zu kommunikativen Missverständnissen, misslingenden Kontakten und Ablehnungsreaktionen (von Seiten der Lernenden, aber auch der Lehrenden) führen. In der zweiten Präsenzveranstaltung beschäftigten sich die Teilnehmenden mit solchen Kommunikationsstörungen und damit, wie man sie vermeidet.
  • In der dritten Präsenzveranstaltung wurde auf die Instrumente Potenzialanalyse und Werkstatttage fokussiert. Es wurden u.a. „Verzerrungen“ angesprochen, zu denen es beim Einsatz der Potenzialanalyse bei Jugendlichen mit einem anderen kulturellen Hintergrund kommen kann. Bei Jugendlichen aus Deutschland geht man davon aus, dass die in der Potenzialanalyse sondierten Stärken entsprechende berufliche Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen. In den Zuwandererfamilien können ganz andere Faktoren eine entscheidende Rolle für die spätere Berufswahl spielen – zum Beispiel, ob der Beruf im Herkunftsland ein anerkannter Beruf ist. Es lässt sich aber auch beobachten, dass manchen jungen Teilnehmenden zwar ein Berufsfeld in den Werkstatttagen gut gefällt, sie aber auf Grund von anderen Rollen- und Berufsbilder ihrer Herkunftskultur diese nicht als Beruf wählen würden. Rollenzuweisungen von Berufen können denen von Deutschen ähneln (zum Beispiel Bauberufe), sich aber auch unterscheiden. So fällt vielen Mitarbeitenden bei den Werkstatttagen auf, dass männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund oft eine viel positivere Haltung zum Frisörberuf haben als ihre deutschstämmigen Mitschüler. Im Workshop wurden Konfliktfälle analysiert und mögliche Lösungsstrategien dazu entwickelt.


Potenzialanalyse und Werkstatttage kultursensibel gestalten

Ziel des ersten Aufbau-Workshops war es, die Instrumente Potenzialanalyse und Werkstatttage des Berufsorientierungsprogramms möglichst kultursensibel umzusetzen. Die folgenden Fragen standen im Mittelpunkt des Aufbau-Workshops:

  • Was bedeutet interkulturelle Sensibilität konkret in der Potenzialanalyse und der Kompetenzerfassung?
  • Zu welchen Verzerrungen und Fehlwahrnehmungen kann es in der Beobachtung kommen?
  • Was sind typische Missverständnisse und Irritationen während der Werkstatttage?
  • Wie kann man kultursensibel beobachten und Feedback geben?


Für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren: Weitervermittlung von interkulturellem Know-how

Im zweiten Aufbau-Workshop ging es um Know-how für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Wie lässt sich interkulturelle Kompetenz in einer Einrichtung, die sich mit Berufsorientierung und Berufsbildung befasst, fest verankern? Eine Möglichkeit besteht darin, Fachleute für interkulturelle Themen auszubilden oder weiterzubilden. Die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren haben die Herausforderungen kultureller Vielfalt im Blick, sie sind Ansprechpersonen für Fragen aus ihrem Team und fördern den kompetenten Umgang ihrer Kolleginnen und Kollegen mit interkulturellen Erfahrungen.

In dem Workshop vertieften die Teilnehmenden ihr Verständnis von kultureller Vielfalt und der Dynamik interkultureller Kommunikation. Darüber hinaus lernten sie Werkzeuge kennen, mit denen sie interkulturelle Themen in ihren Einrichtungen bearbeiten konnten. Sie übten den Einsatz dieser Werkzeuge und planten abschließend, wie sie ihre Rolle als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausfüllen können.

Das BMBF-geförderte Lehrangebot wurde vom Kölner Institut für interkulturelle Kompetenz e.V. (KIIK) konzipiert und umgesetzt und von der Programmstelle Berufsorientierung im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) begleitet.

Lehrbriefe „Interkulturell sensible Berufsorientierung“

Eine Seminarreihe des BIBB richtete sich an das Personal derTräger des Berufsorientierungsprogramms (BOP) und der Initiative „Wege in Ausbildung für Flüchtlinge“. Die entstandenen Lehrbriefe können Sie auf dieser Seite herunterladen.

1: Kultur

Was bedeutet eigentlich „Kultur“? Teil 1 des Lernmaterials beschäftigt sich mit dieser Frage und stellt den Zusammenhang zwischen kulturellen, situativen und individuellen Einflussfaktoren auf das menschliche Verhalten dar.

Download (PDF, 745KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

2: Kulturbegegnung und Kulturkontakt

Interkultureller Kontakt kann auf der einen Seite Irritationen, Stress oder gar einen Kulturschock auslösen, bietet aber auf der anderen Seite Weiterentwicklungschancenfür Individuen und Unternehmen.

Download (PDF, 1.000KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

3: Kulturelle Irritationsbereiche

Unterschiedliches Denken und Wahrnehmen, verschiedene Vorstellungen von Zeit, sozialen Rollen, Beziehungen und Sitten – all dies kann Anlass zu kulturellen Irritationen geben. Das Lernmaterial beschreibt und analysiert konkrete Fallbeispiele.

Download (PDF, 961KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

4: Kulturelle Unterschiede

Die Wissenschaft hat verschiedene Modelle und Theorien entwickelt, um kulturelle Unterschiede zu beschreiben. Faktoren sind z.B. hohe oder niedrige Machtdistanz, Individualismus vs. Kollektivismus oder unterschiedliche Auffassungen von Zeit.

Download (PDF, 1MB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

5: Kulturelle Sozialisation und Mehrfachzugehörigkeit

In keiner modernen Gesellschaft orientieren sich Personen an nur einer Kultur. Jeder Mensch wird durch die individuelle Mischung seiner erlebten kulturellen, familiären und gesellschaftlichen Einflüsse unverwechselbar.

Download (PDF, 821KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

6: Kulturelle Identität, Stereotypen und Vorurteile

Was ist Identität und insbesondere kulturelle Identität? Was sind Stereotype und wie beeinflussen sie interkulturelle Begegnungen? Das Lernmaterial erläutert und analysiert diese vielgenutzten Begriffe im Detail.

Download (PDF, 323KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

7: Interkulturelle Handlungskompetenzen

Dieser Teil des Lernmaterials erläutert, aus welchen Aspekten sich Interkulturelle Kompetenz zusammensetzt und welche Rolle ihre fachliche Einbettung in berufliche Handlungskontexte spielt.

Download (PDF, 942KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

8: Interkulturelle Kommunikation: Grundlagen

Oft kommt das Gesagte anders an als es gemeint war – und das ganz besonders in der interkulturellen Kommunikation. Anhand praktischer Beispiele werden theoretische Modelle wie das Nachrichtenquadrat erläutert.

Download (PDF, 858KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

9: Interkulturelle Kommunikation: Vertiefung

Was wird zwischen den Zeilen gesagt? Das Lernmaterial sensibilisiert für Aspekte, die die Kommunikation verzerren können: unterschiedliche Argumentationsmuster, Modulation der Stimme, Regeln des Sprecherwechsels, Blickkontakt, Gestik und vieles mehr.

Download (PDF, 1.011KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

10: Strategien in der interkulturellen Kommunikation

Die eigene Wahrnehmung überprüfen, Bewertungen vermeiden, Rückmeldung suchen und sich trauen – der Lehrbrief vermittelt konkrete Strategien für erfolgreiche interkulturelle Gesprächsführung und stellt das inklusive, systemische TOPOI-Modell vor.

Download (PDF, 734KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

11: Kompetenzfeststellungsverfahren für junge Migrantinnen und Migranten

Der Lehrbrief stellt verschiedene Kompetenzfeststellungsverfahren vor und analysiert, warumdiese die Faktoren Kultur und Sprache unzureichend berücksichtigen.Weiterhin führt er einige Verfahren auf, die für sich „Kulturfairness“ beanspruchen.

Download (PDF, 1.023KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

12: Interkulturelle Sensibilität in der Berufsorientierung

Welche kulturellen Unterschiede treten im Arbeitsleben auf? Welche Rolle spielt das Herkunftsland? Das Lernmaterial erläutert theoretische Modelle und Konzepte über Kultur und Berufsorientierung.

Download (PDF, 1.011KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)