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Berufsfeldübergreifende Projekte

Ein beruflicher Anwendungsfall muss nicht immer nur ein Berufsfeld abdecken. Es können auch zwei oder mehr Berufsfelder in einem Projekt verknüpft werden. Solche „berufsfeldübergreifenden Projekte“ sind für die Jugendlichen besonders motivierend.

Jugendliche und Ausbilderin stehen in einer Werkstatt um bzw. hinter einem ausmontierten Fahrradreifen
© BOP/BMBF Annegret HULTSCH Photography

Innerhalb von berufsfeldübergreifenden Projekten werden die beruflichen Anwendungsfälle so konzipiert, dass sie Aufgaben und Tätigkeiten aus mehreren Berufsfeldern im Sinne eines Gesamtprojektes miteinander verbinden. Im Kern geht es darum, dass die Jugendlichen jeweils in ihren ausgewählten Berufsfeldern ihren Beitrag im Gesamtprojekt leisten und sich dabei als Teil eines Gesamtgefüges erleben. Jedes Berufsfeld spielt darin auf seine Weise eine Rolle, keines ist wichtiger als das andere.

In der Umsetzung der Förderrichtlinien vor 2022 wurden die Berufsfelder überwiegend getrennt voneinander dargestellt. In den Modellprojekten an Gymnasien von 2019 bis 2022 wurden vermehrt berufsfeldübergreifende Projekte erprobt. Das Fazit: Berufsfeldübergreifende Projekte bringen einen Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler, indem sie für den Berufsalltag typische Zusammenhänge noch besser erlebbar machen.

Die Teilnehmenden lernen die Abhängigkeiten während einer Zusammenarbeit kennen, wie es der Realität im Berufsalltag entspricht: Ist eine Gruppe beispielsweise nicht fertig und kann nicht zuliefern, muss die andere darauf reagieren. Die Mitarbeitenden müssen ihre Aufgabe zeitgerecht und in guter Qualität ausführen, damit andere damit weiterarbeiten können.

Diese Erfahrung kann natürlich auch in einem einzigen Berufsfeld vermittelt werden. Berufsfeldübergreifende Projekte haben aber hier den Mehrwert, dass sie das Zusammenspiel und die Abhängigkeiten zwischen sehr unterschiedlichen beruflichen Bereichen deutlicher darstellen und den Jugendlichen auf diese Weise einen lebendigen Einblick in die breite Palette ihrer beruflichen Möglichkeiten gewähren.

Auch die Komplexität einer Aufgabe kann so gut gesteigert werden, zum Beispiel: Gruppe 1 in Berufsfeld A hat die Kosten zu niedrig kalkuliert. Gruppe 2 in Berufsfeld B muss nun – neben der Ausführung ihrer regulären Aufgabe – reagieren und das Problem beheben, da das Gesamtbudget sonst nicht mehr stimmt.

Berufsfeldübergreifende Projekte können für alle Schulformen angeboten werden. Für die Sekundarstufe II sollen berufsfeldübergreifende Projekte ausdrücklich vorzugsweise zum Einsatz kommen.

Berufsfeldübergreifende Projekte konzipieren

Es gibt viele unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten für berufsfeldübergreifende Projekte. Wichtig ist jedoch, dabei die formalen Rahmenbedingungen der Qualitätsstandards zu den praxisorientierten BO-Tage (Qualitätsstandards Abschnitt IV.) zu beachten.

Zum Artikel Qualitätstandards BO-Tage

Berufsfeldübergreifende Projekte können Berufsfelder aus nur einem Berufshauptfeld umfassen oder aber Berufsfelder aus verschiedenen Berufshauptfeldern. Die vier Berufshauptfelder sind in der Berufsfeldsystematik dargestellt, welche Teil der Qualitätsstandards zu den BO-Tagen ist.

Berufsfeldsystematik.pdf

Kooperationen mit anderen Trägern können die Möglichkeiten erweitern und Projekte interessanter machen. Je mehr Berufsfelder Bestandteil eines übergreifenden beruflichen Anwendungsfalls werden, desto realistischer, spannender und dynamischer kann ein Gesamtszenario auf die Schülerinnen und Schüler wirken und desto motivierender und lehrreicher kann es sein.  Wichtig: Das Angebot muss insgesamt so ausgestaltet sein, dass die Schülerinnen und Schüler die Berufsfelder entsprechend der in den Qualitätsstandards vorgegebenen Kombination durchlaufen können.

Der berufsfeldübergreifende berufliche Anwendungsfall wird so konzipiert, dass er typische Aufgaben und Tätigkeiten aus den unterschiedlichen Berufsfeldern enthält. Die Aufgaben und Tätigkeiten sind so zu wählen, dass die Berufsfelder miteinander in Beziehung stehen.

Gute Erfahrungen aus berufsfeldübergreifenden Projekten liegen aus den BOP-Modellprojekten mit allgemeinbildenden Gymnasien vor. Eine Erkenntnis daraus ist: Es ist wichtig, die Projekte inhaltlich zu „rahmen“. Beispiele für einen inhaltlichen Rahmen könnten sein:

  • ein bestimmter Arbeitsort, an dem Menschen mit verschiedenen Berufsbiografien gemeinsam arbeiten
  • ein spezielles Thema, das unterschiedliche Professionen über die Aufgaben und Tätigkeiten miteinander verbindet
  • ein Gesamtprodukt, das zusammen geplant und umgesetzt wird (dieses kann auch nicht-gegenständlich sein, wie beispielsweise eine Veranstaltung)

Diese Aspekte sind nicht nur hilfreich für die Konzeption eines Szenarios, sondern verdeutlichen den Teilnehmenden auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Tätigkeiten während der Zusammenarbeit, ganz im Sinne eines multiprofessionellen Teams im Arbeitsalltag.

Beispiel „Freizeitpark“ – Kombination aus zwei Berufshauptfeldern

In einem Projekt rund um den fiktiven Arbeitsort „Freizeitpark“ könnte das Berufsfeld „Tourismus und Freizeit, Hotel und Gastronomie“ (Berufshauptfeld II) mit dem Berufsfeld „Medien, Kommunikation, Veranstaltung, Druck“ (Berufshauptfeld III) kombiniert werden.

Im Berufsfeld „Medien, Kommunikation, Veranstaltung, Druck“ könnte der berufliche Anwendungsfall beispielsweise darin bestehen, ein Marketingkonzept für den Freizeitpark zu entwickeln und umzusetzen und entsprechende Marketingmedien zu gestalten.

Im Berufsfeld „Tourismus und Freizeit, Hotel und Gastronomie“ könnten der berufliche Anwendungsfall darin bestehen, zunächst ein Angebotspaket mit Übernachtung und Verpflegung für Familien zu entwickeln und dann umzusetzen. Praktische Aufgaben und Tätigkeiten rund um Hotel und Gastronomie können darin eine Rolle spielen.

Eine Verbindung zwischen beiden Berufsfeldern könnte in der Zusammenarbeit zwischen den zwei Bereichen liegen. So könnte z.B. eines der Hotels im Freizeitpark nicht genügend ausgelastet sein und die Marketingabteilung um Unterstützung bitten, die dann ihrerseits Maßnahmen ergreift.

Eine Hospitation an einem realen, regionalen Arbeitsort oder der Besuch von Mitarbeitenden, die für Fragen zur Verfügung stehen, können ein solches Projekt sinnvoll ergänzen.

Das Thema „Freizeitpark“ ist natürlich nur ein Beispiel für fast unendliche Möglichkeiten. Je nach Expertise des Projektträgers und regionalen Besonderheiten können unterschiedlichste Szenarien erdacht werden. Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt und kreative Projektideen sind ausdrücklich erwünscht.

Beispiel Freizeitpark – Kombination aus vier Berufshauptfeldern

Das oben aufgeführte Beispiel zum Freizeitpark lässt sich gut um weitere Berufs(haupt)felder erweitern. So könnte man das Berufsfeld „Pflege, Gesundheit“ (Berufshauptfeld I) in Form einer Erste-Hilfe-Station des Parks ergänzen und die Arbeit darin aufgreifen.

Zudem könnte man zum Beispiel das Berufsfeld „Holz, Farbe und Raumgestaltung, Innenausbau“ (Berufshauptfeld IV) in das Gesamtszenario integrieren, denn in einem Freizeitpark müssen Kulissen geplant, erbaut und gestaltet werden.

Dieses Projekt ist also ausbaufähig und verdeutlicht den Grundgedanken von berufsfeldübergreifenden Projekten: das große Ganze sehen und das Zusammenwirken von Bereichen, Professionen und Abläufen plastisch machen.