Reflexion im Einzelgespräch
Individuelle Reflexionsgespräche sind von zentraler Bedeutung für die Wirksamkeit von Potenzialanalyse und Werkstatttagen. Wie sie ablaufen und worauf es im Detail ankommt, lesen Sie hier.
Das individuelle Reflexionsgespräch findet im Berufsorientierungsprogramm zwei Mal statt: einmal nach der Potenzialanalyse und einmal nach den Werkstatttagen. Mit jedem Schüler und jeder Schülerin werden also insgesamt zwei individuelle Reflexionsgespräche geführt. Ergänzend können in den Werkstatttagen Gruppenreflexionen stattfinden, welche aber das Einzelgespräch nicht ersetzen. Aus pädagogischer Sicht empfiehlt sich eine Dauer von mindestens 20 Minuten je Gespräch.
Dokumente zum Reflexionsgespräch
Als schriftliche Grundlage für die Gespräche können der Auswertungsbogen zur Potenzialanalyse bzw. das Abschlusszertifikat zu den Werkstatttagen sowie ggf. Selbst- und Fremdeinschätzungsbögen dienen. Als Abschlussdokumentation für beide Gespräche dient der Dokumentationsbogen, welche von der Schülerin oder dem Schüler eigenhändig ausgefüllt wird.
Teilnehmende des Reflexionsgesprächs
Am Abschlussgespräch nehmen – neben der oder dem Jugendlichen – die Ausbilderin oder der Ausbilder und/oder die Projektleitung teil. Wer möglicherweise sonst noch dabei ist, bestimmen die Jugendlichen. Es können die Eltern oder Lehrkräfte sein, aber auch andere Ansprechpersonen aus der Berufsorientierung, wie zum Beispiel die Berufseinstiegsbegleiterin.
Entscheidend ist, dass sich die Jugendlichen wohlfühlen und sie das Gefühl haben, aktiver Mittelpunkt des Gesprächs zu sein.
Phasen des Reflexionsgesprächs
Einstieg ins Reflexionsgespräch
Ein guter Gesprächseinstieg, der zu Ihnen als Gesprächsführende passt und authentisch ist, schafft eine offene und gesprächsförderliche Atmosphäre. Thematisiert werden kann alles, was noch nicht direkt mit den Ergebnisberichten bzw. Kompetenzprofilen der Potenzialanalyse zu tun hat.
Die Jugendlichen sind gesprächsbereiter, wenn sie wissen, was auf sie zukommt. Also ist eine Erläuterung der Gesprächsstruktur immer sinnvoll. Nehmen Sie durch einen kurzen Rückblick Bezug auf die Durchführung der Potenzialanalyse bzw. Werkstatttage. Erläutern Sie Ziel und Zweck des Gesprächs: eine stärkenorientierte Auseinandersetzung mit den eigenen Fähigkeiten. Betten Sie das Gespräch und somit auch Potenzialanalyse und Werkstatttage in den Gesamtkontext der Berufsorientierung ein.
Selbsteinschätzung
Nun geht es um die Selbsteinschätzung der oder des Jugendlichen. Fragen Sie ihr Gegenüber, wie es die Potenzialanalyse oder die Werkstatttage erlebt hat. Ermutigen Sie den Jugendlichen zu überlegen, wo die eigenen Stärken und besonderen Fähigkeiten liegen.
Die Einschätzungsbögen, die die Jugendlichen zur Potenzialanalyse oder zu den Werkstatttagen ausfüllen sollten, dienen als Erinnerungsstütze und Orientierungshilfe.
Gegenüberstellung von Selbst- und Fremdeinschätzung
In direktem Bezug zu den Selbsteinschätzungen des Jugendlichen bringen Sie nun Ihre Fremdeinschätzung, welche Sie durch die Beobachtungen und die Ergebnisse aus den Aufgabenstellungen gewonnen haben, in Form eines stärkenorientierten Feedbacks ein. (Mehr Informationen zum Thema Feedback in diesem Dossier.)
Bei Abweichungen von Fremd- und Selbsteinschätzung wird nun gemeinsam, sachlich und sorgfältig erörtert, wie unterschiedliche Sichtweisen entstehen und wie sie im Einzelfall begründet sein können.
Stärken, die sehr ausgeprägt sind oder dem Schüler bzw. der Schülerin besonders wichtig sind, sollten genauer betrachtet werden. Darüber hinaus sollen Bezüge zur Lebens- und Arbeitswelt und beruflichen Interessen hergestellt werden.
Abschluss des Reflexionsgesprächs
Zum Abschluss fasst der Schüler oder die Schülerin zusammen, was aus eigener Sicht die wichtigsten Punkte und Erkenntnisse des Gesprächs waren. Daran anknüpfend formulieren die Jugendlichen Ziele oder Vorhaben, an denen sie weiterarbeiten möchten. Die Ziele können auf ganz unterschiedlichen Ebenen verortet sein: eine Kompetenz weiterentwickeln, die schulischen Leistungen verbessern, sich über ein bestimmtes Berufsfeld informieren etc.
Wichtig ist, dass die Ziele sehr konkret formuliert sind und sich die Jugendlichen etwas vornehmen, das sie in den nächsten Wochen wirklich selbst umsetzen können. Unterstützen Sie bei der Konkretisierung dieser Ziele und Vorhaben, seien Sie aber sparsam mit eigenen Vorschlägen. Überlegen Sie gemeinsam, wer oder was den Schüler oder die Schülerin bei dem Vorhaben unterstützen kann.
Fragen als Motor des Reflexionsgesprächs
Selbstreflexion kann mit offenen Fragen – offen, d.h. nicht mit einem einfach „ja“ oder „nein“ zu beantworten – gefördert werden. Diese bringen die Adressatin oder den Adressaten dazu, sich aktiv am Gespräch zu beteiligen und regen dazu an, sich mit Erfahrungen und Handlungen auseinanderzusetzen.
Um den Schüler oder die Schülerin in der Gesprächssituation aus der Reserve zu locken, eignen sich neben offenen auch systemische Fragen. Sie stehen für unterschiedliche Fragetypen, die u. a. in der systemischen Beratung zur Anwendung kommen. Innerhalb der Berufsorientierung können systemische Fragen neue Perspektiven eröffnen und den Schülerinnen und Schülern helfen, ihre Sichtweisen differenzierter zu betrachten.
Tipp: Visualisierung
Um sich die Übungen aus der Potenzialanalyse oder die Berufsfelder aus den Werkstatttagen zu Beginn des Gesprächs noch einmal vor Augen zu führen, kann es hilfreich sein, diese zu visualisieren. Beispielsweise können Fotos im Postkartenformat die einzelnen Aufgaben aus der Potenzialanalyse darstellen. Ebenso könnten die Berufsfelder mit Fotos oder Bildern zu den verschiedenen Tätigkeiten oder typischen Werkzeugen und Werkstoffen visualisiert werden. Die Karten ermöglichen Ihnen einen sanften Gesprächseinstieg und geben Ihnen die Gelegenheit, Ihr Gegenüber von Anfang an in das Gespräch mit einzubeziehen.