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Die Rolle der pädagogischen Fachkräfte

Die Professionalität der pädagogischen Fachkräfte zeigt sich bei der Begleitung von Schülerinnen und Schülern im aufmerksamen Zuhören, Fragenstellen, in Ermutigung und Bestärkung. Die Jugendlichen sind Expertinnen und Experten für sich selbst.

Frau sitzt hinter Tisch im Gespräch mit jemanden.
© Adobe Stock / ty

Jugendliche in ihrem beruflichen Orientierungsprozess zu begleiten stellt ein eigenständiges Kompetenzfeld dar. Pädagogische Fachkräfte nehmen maßgeblich Einfluss auf die Wirksamkeit von berufsorientierenden Angeboten und Maßnahmen. Als begleitende Fachkraft gilt es zunächst, den Rahmen von berufsorientierenden Maßnahmen und Angeboten zu gestalten, um Schülerinnen und Schülern Gelegenheiten zu geben sich auszuprobieren, ihre Stärken und Interessen zu entdecken. Es geht darum, Möglichkeitsräume zu eröffnen oder zu erweitern. Besonders wichtig ist es, die Schülerinnen und Schüler dabei kommunikativ zu begleiten, um Selbstreflexion anzuregen und Selbstwirksamkeit zu stärken. Letztlich steht immer im Mittelpunkt, die Motivation der Jugendlichen zu fördern, die berufliche Orientierung selbst in die Hand zu nehmen.

Die pädagogische Haltung

Einen bedeutenden Einfluss auf die pädagogische Begleitung - und ganz konkret auf die individuellen Gespräche mit den Jugendlichen - hat die eigene Haltung der pädagogischen Fachkräfte. Eine Haltung besteht aus Ideen, Annahmen und Überzeugungen darüber, was (in diesem Fall) in der Begleitung oder konkreter im Gespräch mit den Jugendlichen wirksam ist. Die Haltung dient als innerer Kompass oder Navigator für unser Verhalten.

Als wirksam hat sich eine neugierige Haltung des „Nicht-Wissens“ erwiesen, die geprägt ist von einem ehrlichen Interesse den Jugendlichen gegenüber. Das heißt, neugierig zu sein und zu bleiben und auch eine gewisse Lösungslosigkeit auszuhalten. Mit anderen Worten: nicht zu denken, dass man schon genau weiß, was für den Jugendlichen oder die Jugendliche gerade gut ist, sondern davon auszugehen, dass er oder sie selbst eine Lösung für ein Problem findet. Neutralität und Unvoreingenommenheit spielen demnach ebenfalls eine große Rolle, denn der Jugendliche ist der Experte für sich selbst. Es braucht Professionalität in meiner Rolle als pädagogische Fachkraft, die sich durch aufmerksames Zuhören, Fragenstellen, Ermutigung und Bestärkung zeigt.

Als pädagogische Fachkraft im Kontext der Beratung und Begleitung von Jugendlichen ist es von großer Bedeutung, die eigene Haltung immer wieder durch Selbstreflexion zu hinterfragen und zu überprüfen. Beobachtungen und Interpretationen sind immer subjektiv. Sie werden von den eigenen Persönlichkeitsanteilen, biografischen Erfahrungen und Wertüberzeugungen beeinflusst. Um negative Einflussfaktoren auf den Kontakt mit Jugendlichen, wie zum Beispiel automatische Bewertungen und Empfindungen, früh zu erkennen, ist es wichtig, das eigene Verhalten zu reflektieren und zu bemerken, was man selbst in die Kommunikation mit einbringt.

Dabei kann es hilfreich sein, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Was bringe ich an eigenen Deutungen mit ein?
  • Welche (unbewussten) Einflussfaktoren sind im Gespräch von Bedeutung und sollten immer mitgedacht werden?

Eigene Denkmuster entdecken

Kognitive Verzerrungen

Denkmuster oder in der Fachsprache „kognitive Verzerrungen“ sind eine Art Wahrnehmungsbrille, die das Denken beeinflussen und die Wahrnehmung der Realität verfälschen können.

Wie Menschen die Welt um sich herum wahrnehmen, wird durch ihre persönliche Lebensgeschichte und ihre Erfahrungen geformt. Verinnerlichte Denkmuster spielen dabei eine entscheidende Rolle und beeinflussen Entscheidungen und Verhalten maßgeblich. Wenn diese Denkweise dazu führt, die Realität auf negative Weise zu interpretieren, bezeichnet man dies als eine „kognitive Verzerrung“ oder „Denkfalle“.

Drei typische kognitive Verzerrungen

Defizitorientiert denken

Beim defizitorientierten Denken sieht eine Person in erster Linie nur die negativen Seiten einer Situation. Oftmals geht dies einher mit einer Verallgemeinerung, so dass sich aus einer einzelnen negativen Situation automatisch eine unendliche Serie entwickelt. Positive Aspekte in Bezug auf Situationen oder auch im Hinblick auf ein Verhalten können bei diesem Denkmuster kaum wahrgenommen werden.

Personalisieren

Eine Person, die personalisiert, übernimmt irrtümlicherweise Schuld oder Verantwortung für Ereignisse, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen. Dies beinhaltet die fehlerhafte Zuordnung externer Ereignisse - insbesondere negativer Art - auf sich selbst. Erhält eine Person zum Beispiel von jemandem eine abweisende oder unfreundliche Bemerkung, fühlt sie sich persönlich angegriffen, anstatt die Äußerung als Ausdruck der Stimmung oder des Verhaltens der anderen Person zu sehen. So beginnt sie vielleicht zu denken, dass sie selbst etwas falsch gemacht hat oder die andere Person sie nicht mag, obwohl es auch andere Gründe für deren Verhalten geben könnte.

Katastrophisieren

Katastrophisieren ist eine Tendenz, sich das allerschlimmste Szenario auszumalen. Diese Denkfalle ergibt sich aus der Neigung, die Schwere einer Situation oder potenzieller zukünftiger Ereignisse zu übertreiben oder zu überschätzen. Menschen, die katastrophisieren, stellen sich in jeder Situation den schlimmsten möglichen Ausgang vor, auch wenn dieser sehr unwahrscheinlich ist. Zum Beispiel kann ein Mensch, der zum Katastrophisieren neigt, sich ausmalen, dass eine kleine Verspätung durch einen Stau dafür sorgen wird, dass er oder sie zu spät zu einem wichtigen Termin erscheinen wird, deshalb wohl den Job verlieren und schließlich finanziell ruiniert sein wird.

Um kognitive Verzerrungen zu erkennen und zu überwinden, muss man sich ihrer Existenz und ihrer Formen zunächst bewusst werden. Ein erster Schritt kann sein, die eigenen Gedanken und Entscheidungen durch Selbstreflexion zu beobachten und zu analysieren. Auch der Austausch mit anderen kann hilfreich sein, um verschiedene Perspektiven zu erhalten und mögliche Denkfehler zu erkennen.

Innere Antreiber

Das Modell der „inneren Antreiber“ beschreibt tiefe Überzeugungen, die das Handeln und Denken von Personen prägen können. Es ist Teil der Transaktionsanalyse (TA), die in den 1950er und 60er Jahren von Eric Berne und Thomas Harris begründet wurde. Bei der TA ging es ursprünglich um die Erforschung psychischer Krankheiten und Störungen in Kommunikation und Kooperation.

Taibi Kahler entwickelte 1977 in Anschluss an die Transaktionsanalyse das Modell der „inneren Antreiber“. Seine Verhaltensbeobachtungen zeigten, dass Menschen bestimmte Verhaltensgewohnheiten gemeinsam haben und zu manchen eher neigen als zu anderen. Er fasste diese Verhaltensweisen in fünf Typologien zusammen: Sei stark! Sei perfekt! Mach es allen recht! Streng Dich an! Mach schnell!

Die inneren Antreiber beruhen auf Glaubenssätzen, die nicht bewusst sind, wenn sie wirken. Der Begriff beschreibt sehr treffend, wozu diese Glaubenssätze führen: Sie treiben von innen heraus an und bestimmen das Verhalten einer Person. Der Ursprung, welcher Antreiber sich besonders entwickelt, liegt meist in der Kindheit. Schon sehr früh werden bestimmte Verhaltensweisen erlernt und Glaubenssätze verinnerlicht. Zum Beispiel entwickelt jemand, der in der Kindheit oft „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, oder „Gefühle zeigen ist eine Schwäche“ gehört hat, sehr wahrscheinlich einen besonders aktiven „Sei stark!“-Antreiber.

Nach Kahler besitzt jeder Mensch alle Antreiber. Jedoch ist meist einer von ihnen besonders oft aktiv oder sehr stark ausgeprägt. Das ist dann der „Primärantreiber“. Der stärkste Antreiber offenbart sich in stressigen Situationen oder im Kontakt und in der Kommunikation mit anderen Menschen. Das heißt in besonders stressigen Situationen zeigen Personen häufig automatische Reaktionen auf der Grundlage eines schon sehr früh erlernten Verhaltensmusters. Das Verhalten wird dann gar nicht erst hinterfragt und reflektiert, sondern einfach abgespult. Das wiederum führt dazu, dass das gezeigte Verhalten oft nicht angepasst ist auf die sich aktuell gegenwärtig abspielende Situation und somit zur Lösung zum Beispiel eines Konflikts nicht beiträgt, da Situation und gezeigtes Verhalten nicht zusammenpassen.

In der Beratung und Begleitung von (jungen) Menschen ist es deshalb ganz besonders wichtig, sich für eigene Verhaltens- oder Denkmuster und automatisierte Bewertungen und Reaktionen zu sensibilisieren, da diese unbewusst in den Kontakt oder in das Gespräch hineinwirken können.

Quellen und weiterführende Informationen

Vgl. Die Axiome von Paul Watzlawick, unter: https://www.paulwatzlawick.de/axiome.html (abgerufen im Juni 2024)

Kognitive Verzerrungen: Liste irrationaler Denkfehler nach Beck (geist-psyche.com) (abgerufen im Juni 2024)

Kognitive Verzerrungen: Wenn Ihr Gehirn Ihnen Streiche spielt (sonia-jaeger.com) (abgerufen im Juni 2024)

Kognitive Verzerrungen: Viele Denkfehler folgen demselben Prinzip (Spektrum der Wissenschaft) (abgerufen im Juni 2024)

Wie Sie stressverschärfende Denkmuster verändern (carola-luebbenjans.de) (abgerufen im Juni 2024)

Stewart, Ian und Joines, Vann: Die Transaktionsanalyse. Eine Einführung. Verlag Herder, Freiburg i. B. 1990

Zum inneren Antreiber "Sei stark!": Verletzlichkeit als Tabu? (resilienz-akademie.com) (abgerufen im Juni 2024)

Zum inneren Antreiber "Sei perfekt!" Perfektionismus (resilienz-akademie.com) (abgerufen im Juni 2024)

Zum inneren Antreiber "Mach es allen recht!": Harmoniesucht (resilienz-akademie.com) (abgerufen im Juni 2024)

Zum inneren Antreiber "Streng dich an!": Ohne Fleiß, kein Preis (resilienz-akademie.com) (abgerufen im Juni 2024)

Zum inneren Antreiber "Mach schnell!": Stress durch Hektik (resilienz-akademie.com) (abgerufen im Juni 2024)

Selbsttest "Innere Antreiber ": Gruppencoaching Anleitung Test innere Antreiber.pdf (uni-muenster.de) (abgerufen im Juni 2024)