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Stärkenorientiertes Feedback geben

Ein stärkenorientiertes Feedback ergänzt die Selbstwahrnehmung der Schülerin oder des Schülers um eine Außenperspektive. Im günstigsten Fall festigt ein Feedback das Selbstbild der Jugendlichen im Verlauf des Berufsorientierungsprozesses und ermuntert sie dazu, Neues auszuprobieren

Junge sitzt an einem Tisch vor einer Tafel und schaut seinen Gesprächpartner an, der einen Zettel in der Hand hält.
© BOP / ANNEGRET HULTSCH PHOTOGRAPHY

Ein stärkenorientiertes Feedback ergänzt die Selbstwahrnehmung der Schülerin oder des Schülers um eine Außenperspektive. Im günstigsten Fall festigt ein Feedback das Selbstbild der Jugendlichen im Verlauf des Berufsorientierungsprozesses und ermuntert sie dazu, Neues auszuprobieren. Es kann die Selbstaufmerksamkeit steigern und Selbstreflexionsprozesse auslösen. Im Reflexionsgespräch wird Feedback – beziehungsweise. die Fremdeinschätzung – immer im Abgleich mit der Selbsteinschätzung betrachtet.

Ein stärkenorientiertes Feedback formulieren

Ob ein Feedback die erwünschte Wirkung erzielt, hängt davon ab, wie es vorgebracht wird. Ein Feedback sollte konstruktiv sein und sich an den Stärken der anderen Person orientieren. Feedback benötigt ein Klima, das auf Vertrauen, Respekt und Wertschätzung beruht.

Beim Feedback geht es nicht darum, die andere Person von der eigenen Meinung zu überzeugen, sondern um das Äußern einer persönlichen Wahrnehmung. Bei der Formulierung eines Feedbacks muss deutlich werden, dass es eine Ich-Botschaft und keine Verallgemeinerung darstellt. Letztlich entscheidet die Person, der das Feedback gilt, welche Konsequenzen sie daraus zieht.

Offene Kritik zu äußern ist zwar viel leichter, kann aber verunsichern. Damit ein Feedback für das Gegenüber nachvollziehbar ist und angenommen werden kann, ist es wichtig, die Rückmeldung ganz konkret auf eine Situation zu beziehen. Bei der Formulierung sollte Wert darauf gelegt werden, Wachstumswünsche oder Potenziale zu benennen und auf bewertende Äußerungen oder persönliche Interpretationen zu verzichten.  

Von zentraler Bedeutung ist, dass bei der Formulierung eines stärkenorientierten Feedbacks Verhalten und Person voneinander getrennt werden (zum Beispiel „Ich habe dieses oder jenes Verhalten an dir in dieser Situation beobachtet“ statt der Formulierung „Du bist …“).  Außerdem ist ein Feedback dann besonders wertvoll, wenn es in Bezug zur Selbsteinschätzung der Schülerin oder des Schülers gesetzt wird. So lassen sich sowohl Übereinstimmungen als auch Abweichungen erörtern. Es entsteht ein differenziertes Bild, das den Schüler oder die Schülerin dazu ermuntert, über die gemachten Erfahrungen, die eigenen Stärken und Interessen nachzudenken.

Die Methode des „Reframing“ kann bei der Formulierung von stärkenorientiertem Feedback hilfreich sein.

Reframing als Methode

„Reframing“ meint, einer Situation oder einem Geschehen einen anderen Sinn zu verleihen, indem man den (Bezugs-)Rahmen verändert. Aus vermeintlichen Schwächen können so Stärken werden. „Reframing“ bedeutet auf Deutsch übersetzt so viel wie: den Dingen einen neuen Rahmen geben, da „Frame“ im Englischen Rahmen bedeutet. Der Ursprung der Theorie des Reframings liegt in der systemischen Familientherapie und ist auch in dem Themengebiet des NLP, dem „Neurolinguistischen Programmieren“, bekannt. Ein sehr wichtiges Ziel in der Systemischen Therapie ist es, die festgefahrenen Bilder, die die Therapieteilnehmerinnen und -teilnehmer voneinander haben, zu lockern und neue Sichtweisen zu ermöglichen. Dazu gehört es auch, dass automatisierte Bewertungen und Zuschreibungen, was ein Verhalten bedeutet oder welche Absicht jemand verfolgt, gelöst werden, damit neue Perspektiven und Bewertungen möglich werden.

Beispiel für ein Reframing

Ein bisher als negativ gesehenes Verhalten – „Mein Vater ist sehr streng“ – wird in einen anderen Rahmen gesetzt und erhält unter diesem Blickwinkel eine positive Bedeutung – „Dein Vater sorgt sich also um dein Wohlergehen“. So können Aspekte einer Situation wahrgenommen werden, die bisher völlig ausgeblendet wurden.

Arten des Reframings

Man kann mit zwei Arten von Reframing arbeiten:

Inhaltsreframing


Die eine Art ist das sogenannte Inhaltsreframing, bei dem man wie in dem obigen Beispiel einem Verhalten eine andere Bedeutung oder Interpretation zuschreibt. „Streng“ bedeutet dann nach dem Reframing „besorgt“, „bestimmend“ bedeutet „entscheidungsfreudig“, „zögerlich“ bedeutet „vorsichtig“. So können einem Verhalten neue positive Aspekte abgewonnen werden, und die gute Absicht dahinter wird erkennbar.

Kontextreframing


Die andere Art nennt sich Kontextreframing. Dahinter verbirgt sich die Erkenntnis, dass ein Verhalten, welches in bestimmten Situationen als störend empfunden wird, in anderen Situationen eine absolute Stärke sein kann. Wenn jemand sich zum Beispiel darüber beklagt, dass er immer sehr impulsiv handle, kann ihm durch das Kontextreframing klar gemacht werden, dass Impulsivität in einer Krisensituation eine Stärke sein kann.

Kritik am Reframing

Natürlich gibt es bezüglich des Reframings auch kritische Stimmen. Kritiker werten das Konzept lediglich als eine Verweigerung der Realität und somit als eine Art des Selbstbetruges. Durch die Nutzung des Reframings könne wohl auch die schwerste und unangenehmste Situation irgendwie noch „schöngeredet“ werden. Doch mit dem Reframing wird nicht das Ziel verfolgt, unangenehme und belastende Gefühle komplett zu verdrängen und somit ständig in einer heilen Welt zu leben. Das Ziel ist vielmehr, eine gesunde Balance zwischen den Emotionen zu schaffen.

Wie gelingt Reframing in der Praxis?

Wenn man sich dem Reframing widmet, stattet man die Situation mit neuen Facetten aus. Dies gelingt, indem man anstatt nach dem „Warum?“ zu fragen, sich die Frage nach dem „Wofür?“ stellt. Also zum Beispiel: „Wofür ist das gezeigte Verhalten gut? In welchem Kontext ist genau dieses Verhalten angemessen?“  Bei der Frage nach dem „Warum?“ bleibt der Fokus auf das Problem an sich gerichtet. Einen neuen Rahmen kann man der Situation allerdings verleihen, wenn man nach dem „Wofür?“ fragt.

Quellen und weiterführende Informationen

Gross, B.: Reframing. In: Stumm, G. und Pritz, A.: Wörterbuch der Psychotherapie. 2. Auflage, Springer Verlag 2000

Reich, K. (Hg.): Reframing. Im Downloadcenter des Methodenpools der Uni-Köln (uni-koeln.de)

(abgerufen im Juni 2024)