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Umgang mit schwierigen Situationen im Gespräch

Nicht immer gelingt es auf Anhieb, mit dem jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Viele Jugendliche empfinden es als unangenehm, mit einer fremden Person über persönliche Fragen zu sprechen. Doch es gibt Möglichkeiten, konstruktiv mit Widerstand umzugehen.

Junge sitzt Gesprächspartnerin gegenüber und schaut auf den Boden.
© Adobe Stock / New Afrika

Pädagoginnen und Pädagogen kennen diese Situation: Sie sitzen einem Schüler oder einer Schülerin gegenüber, um gemeinsam über die Potenzialanalyse oder die Erfahrungen aus den BO-Tagen zu sprechen. Sie haben sich vorbereitet, die Dokumente zusammengesucht und sich Gedanken gemacht. Doch es gelingt ihnen nicht, mit dem jungen Menschen ein richtiges Gespräch zu führen.

Gesprächseinstieg als Eisbrecher

Viele Jugendliche empfinden es als unangenehm, mit einer fremden Person über persönliche Fragen zu sprechen. Sie wissen nicht genau, was sie erwartet, und fühlen sich unsicher. Eine offene und freundliche Atmosphäre kann dabei helfen, das Eis zu brechen. Dem Schüler oder der Schülerin zu verdeutlichen, dass es im Gespräch in erster Linie um ihre Erfahrungen, Eindrücke und Erkenntnisse aus der Potenzialanalyse und den BO-Tagen geht, kann zur Entspannung beitragen.

Ideen für einen gelungenen Gesprächseinstieg könnten zum Beispiel sein:

  • die Schülerin oder den Schüler bereits an der Tür zu begrüßen.
  • das Gespräch mit einer lebensweltbezogenen Frage, zum Beispiel: „Hast du das Handballspiel gestern gesehen?“ zu beginnen.
  • verschiedene (Bild-)Materialien zum Einstieg zu wählen, zum Beispiel
    • verschiedene Werkzeuge aus der Berufsfelderkundung, wie zum Beispiel Zangen, Hammer, oder Pinsel (Beispielfrage: „Welche Erfahrung aus den Berufserkundungstagen verbindest du mit dem Werkzeug?“)
    • Fotos, die unterschiedliche Stimmungen wiederspiegeln oder auch verschiedene Gesichtsausdrücke zeigen (Beispielfrage: „Welches Bild spiegelt gerade am besten deine eigene Stimmung?“)

Wertschätzender Beziehungsaufbau

Um in einen guten Kontakt mit dem Jugendlichen zu kommen, kann es förderlich und wichtig sein, sich behutsam auf den anderen einzustimmen und zu vermitteln, dass er oder sie uns wichtig ist: Wie geht es meiner Gesprächspartnerin? Was beschäftigt sie? Was ist ihr im Moment wichtig? Was will sie? Was will sie vermeiden? In Alltags-Beziehungen versuchen wir am Anfang einander zu finden und uns für einander aufzuwärmen, indem wir Smalltalk machen.

YES-SET als Methode

Im Kontext der professionellen Arbeit mit Schülerinnen und Schülern kann das YES-Set von Milton Ericson eine hilfreiche Methode sein. Sie basiert auf der Idee, dass Menschen eher bereit sind, auf eine Anfrage oder ein Angebot mit "Ja" zu antworten bzw. sich überhaupt auf ein Gespräch einzulassen, wenn sie zuvor mehrmals mit kleinen, einfachen "Ja"-Antworten zugestimmt haben. Dies schafft eine positive Denkmusterdynamik und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person einer weiteren Anfrage zustimmt. (vgl. Milton H. Erickson / Ernest Rossi, Hypnotherapie. Aufbau – Beispiele – Forschungen, München 1993)

Umgang mit Störungen und verschiedene Schülertypen

Es kann auch vorkommen, dass ein Schüler oder eine Schülerin gar nicht sprechen möchte. Widerstand kann sich in unterschiedlichen Formen äußern: in demonstrativem oder auch verlegenem Schweigen, als Trotz oder indem sich die Jugendlichen ausschließlich sehr unrealistischen Optionen zuwenden (zum Beispiel Model, Sänger oder Fernsehstar, Profi-Sportler etc. zu werden). Auch das „Unterlaufen“ des Gesprächs zum Beispiel durch ständiges Unterbrechen oder ausschweifende Erzählungen oder auch durch offene Aggression führt zur Störung des Gesprächs.

Eine Möglichkeit, konstruktiv mit Widerstand umzugehen, besteht darin, das Verhalten positiv zu betrachten. Deuten Sie die Verweigerungshaltung zum Beispiel als das Bestmögliche, was die Schülerin oder der Schüler in der Situation einbringen kann. Hinter dem als störend empfundenen Verhalten, verstecken sich oftmals ungestillte Bedürfnisse, wie zum Beispiel das Bedürfnis nach Anerkennung.

Die Gesprächssituation selbst kann auch Ursache für Widerstände sein. Möglicherweise liegt es am Gesprächsrahmen, an den am Gespräch beteiligten Personen selbst. Widerstand sollte also immer auch zum Anlass genommen werden, um das eigene Verhalten zu hinterfragen und gegebenenfalls die Gesprächsrichtung zu ändern. Folgende Tipps, können beim Umgang mit ablehnenden Jugendlichen unterstützend wirken:

  • Autoritäres Auftreten mit Belehrungen, Ratschläge, Kritik oder Tadel sind Gesprächsstörer und begünstigen Widerstände eher, als dass sie sie vermeiden.
  • Das Gespräch zu vertagen oder alternativ mit einer anderen Person zu führen, auf weitere anwesende Personen zu verzichten oder den Ort zu wechseln, können dem Schüler oder der Schülerin als Angebote unterbreitet werden.
  • Durch das direkte Ansprechen eines Widerstands oder einer wahrgenommenen Störung im Gespräch (zum Beispiel: „Mir scheint, du wärst am liebsten gar nicht hier.“, oder „Ich habe den Eindruck, dieses Gespräch kommt dir völlig nutzlos vor.“) kann das Gespräch wieder in Gang kommen.
  • Gesprächsförderlich wirkt sich auch der Bezug auf den gemeinsamen Kontext aus. Das Ziel und der Mehrwert des Gesprächs sollten klar und verständlich sein (zum Beispiel: „Ich bin heute hier, um mit dir über die Potenzialanalyse/Bo-Tage und das, was du in der Zeit erlebt hast, zu sprechen. Ich bin neugierig auf deine Eindrücke“.)
  • Akzeptieren Sie Widerstand als eine Form der derzeitigen Zusammenarbeit mit subjektiv berechtigten Gründen.

Gewaltfreie Kommunikation

Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation wurde von Marshall B. Rosenberg entwickelt und ist in Deutschland inzwischen weit verbreitet. Rosenberg war ein Schüler Carl Rogers und wurde durch den Ansatz der klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie inspiriert.

Die Gewaltfreie Kommunikation bietet methodische Hilfestellungen, um eine partnerschaftliche Haltung einzunehmen, die es uns ermöglicht, auch in schwierigen Situationen auf Augenhöhe zu agieren. Der Kommunikationsstil in der Gewaltfreien Kommunikation ist wertschätzend und konstruktiv: Eine bedürfnisorientierte, positive Handlungssprache ersetzt Forderungen und Schuldzuweisungen. Sie ist bei der Alltags-Kommunikation, aber auch bei beruflichen Konfliktlösung behilflich.

Die GFK ist nicht nur eine Technik, sondern eine Grundhaltung, deren Fundament die Bereitschaft und die Fähigkeit zur wertungsfreien Wahrnehmung bilden. Durch intensives Zuhören nach innen und außen werden Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Einfühlung gefördert: zu sagen was man wirklich denkt, mit dem Ziel, dass die Botschaft auch von dem Gegenüber verstanden werden kann.

Eine grundlegende Annahme ist hierbei, dass der Mensch Grundbedürfnisse hat, die er stets zu erfüllen bemüht ist. Seine Bedürfnisse zu äußern und zu erfüllen ohne dabei andere Menschen zu beeinträchtigen, ohne ihnen Gewalt anzutun, ist eines der Ziele der GFK. Wichtig ist, die aufkommenden Konflikte oder Störungen zu nutzen, um befriedigende Beziehungen aufzubauen, wiederherzustellen und zu erhalten.

Die Themenzentrierte Interaktion

Die themenzentrierte Interaktion, auch TZI genannt, ist ein Konzept bzw. eine Methode zur Arbeit in Gruppen und Teams. Entwickelt wurde das Modell Mitte der 1950er Jahre in den USA von der Psychoanalytikerin und Psychologin Ruth Cohn und ihren Kollegen.

TZI ist ein Handlungskonzept für effektives Lernen und Arbeiten, das die Person, die Gruppe und das Thema miteinbezieht. Lernen kann gefördert oder im negativen Fall gestört oder behindert werden. Um lebendiges Lernen zu ermöglichen und zu fördern, ist es notwendig, Störungen, Verstörungen und Betroffenheiten bei sich selbst und bei anderen zu erkennen, ernst zu nehmen und so zu bearbeiten, dass die Person oder die Gruppe wieder kommunikations- und handlungsfähig ist. Oft führen bereits das Aus- und das Ansprechen der Störung auf den Weg hin zu einer Lösung. Theorie und Praxis der Themenzentrierten Interaktion fördern - wie ihr Name sagt - eine gelingende themenzentrierte Kommunikation und Interaktion in Gruppen, in Schule, in Beziehungen. Sie ermöglicht das Verstehen der eigenen Haltung und Handlungen sowie der erlebten Prozesse. Dadurch können die eigenen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten erweitert werden.

Quellen und weiterführende Informationen

Rosenberg, M: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. Junfermann Verlag 2016

Was ist gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg?: GFK.pdf (gewaltfrei-bewegt.de) (abgerufen im Juni 2024)

Gefühls- und Bedürfnisfinder: Gefühlsfinder für Therapie und Coaching (2023) (futurepacemedia.de) (abgerufen im Juni 2024)

Schneider-Landolf, M.; Spielmann, J.; Zitterbarth, W.: Handbuch Themenzentrierte Interaktion (TZI). Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 2009

Broschüre: Was ist TZI? Themenzentrierte Interaktion (ruth-cohn-institute.org) (abgerufen im Juni 2024)