Allgemeine Informationen zum Berufsorientierungsprogramm
Das Berufsorientierungsprogramm richtet sich an Schülerinnen und Schüler ab der siebten Klasse. Erst erkunden sie in einer Potenzialanalyse ihre Stärken, dann testen sie in den praxisorientierten BO-Tagen verschiedene Berufsfelder aus.
Viele Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich im Berufsorientierungsprogramm (BOP) zum ersten Mal mit der Frage: „Was will ich später beruflich machen?“ Genau das ist das Ziel des Programms: die jungen Menschen anregen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dies geschieht nicht im stillen Kämmerlein, sondern in echten Praxisräumen. Hier können die Jugendlichen austesten, worin sie gut sind und was ihnen Spaß macht.
Bei ihrer Teilnahme am BOP entwickeln viele Jugendliche Ideen, in welche berufliche Richtung sie einmal gehen möchten – und was das passende Praktikum für sie wäre. Und zwar nicht, weil der Praktikumsbetrieb um die Ecke von Zuhause liegt – sondern weil es möglicherweise der erste Schritt zum eigenen Wunschberuf ist.
Das BOP ist inklusiv, denn es geht auf die unterschiedlichsten individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen ein. Die Konzepte sind so geschneidert, dass sie allen Schülerinnen und Schülern von Gymnasien bis hin zu Förderschulen gerecht werden.
Fakten zum Berufsorientierungsprogramm
Das Programm zur "Förderung der Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten" – kurz Berufsorientierungsprogramm – wurde im Jahr 2008 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung ins Leben gerufen. Bis Dezember 2023 wurden Zuschüsse in Höhe von rund 852,7 Millionen Euro bewilligt. Damit werden im Zeitraum 2008 bis Sommer 2024 über 2,1 Millionen Schülerinnen und Schüler erreicht. Über 300 Bildungsstätten mit mehr als 3.000 Schulen sind bundesweit als Kooperationspartner am BOP beteiligt.
Die Betreuung des Programms erfolgt durch die Programmstelle Berufliche Orientierung im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Das Programm bestand bis 2022 aus den Instrumenten Potenzialanalyse und Werkstatttage. Mit der Umsetzung der neuen Förderrichtlinie 2022 (gültig ab Antragsrunde 2023) wurden aus den „Werkstatttagen“ „praxisorientierte Tage Beruflicher Orientierung“ (kurz: praxisorientierte BO-Tage).
Das Berufsorientierungsprogramm als Teil der Initiative Bildungsketten
Der pädagogische Ansatz und die Instrumente des Berufsorientierungsprogramms Potenzialanalyse und praxisorientierte BO-Tagen bilden die ersten Glieder der bundesweiten Initiative Bildungsketten, die jungen Menschen in Deutschland einen reibungslosen Übergang von der Schule in den Beruf ermöglichen will.
Zur Verwirklichung der Bildungsketten schließen Bund, Länder und die Bundesagentur für Arbeit landesspezifische Vereinbarungen zum Übergang Schule-Beruf ab. Darin verzahnen die Partner ihre Förderangebote auf der Grundlage eines Gesamtkonzeptes des jeweiligen Landes. Ziel ist, kohärente Strukturen in der Beruflichen Orientierung und im Übergang Schule-Beruf zu schaffen, die alle Jugendlichen individuell fördern und den Fachkräftenachwuchs der Wirtschaft sichern. Die Lösungen – auch die Umsetzung des BOP – sind jeweils landesspezifisch und an die Schulstrukturen angepasst.
Instrument 1: Stärken erkunden in der Potenzialanalyse
In der Potenzialanalyse erkunden die Schülerinnen und Schüler ihre Stärken. Sie legt junge Menschen nicht auf eine bestimmte berufliche Richtung fest, sondern öffnet ihren Blick für Möglichkeiten. Die Potenzialanalyse ist ein ausgewogener Aufgabenmix mit praxisbezogenen Einzel- oder Gruppenaufgaben und einer Reflexion bisheriger Erfahrungen im Hinblick auf berufswahlbezogene Fähigkeiten und Interessen. Der stärkenorientierte Ansatz steigert das Selbstbewusstsein und die Bereitschaft, Verantwortung für die eigene berufliche Zukunft zu übernehmen. Die Erkenntnisse aus der Potenzialanalyse können den Schülerinnen und Schülern auch hilfreich dabei sein, die für sie passenden Berufsfelder für die darauffolgenden praxisorientierten BO-Tage auszuwählen.
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Instrument 2: Berufe entdecken in den praxisorientierten BO-Tagen
In einer Werkstatt, im Büro oder am Pflegebett selbst aktiv werden – genau das dürfen die Schülerinnen und Schüler während der praxisorientierten BO-Tage. Zum Beispiel eine Truhe schreinern, eine Marketing-Kampagne planen oder ein Kleidungsstück nähen. Neben Handwerk und Technik können sie auch kaufmännisch-verwaltende oder sozial- und pflegerische Berufsfelder erkunden.
Die praxisorientierten BO-Tage des Berufsorientierungsprogramms finden nicht in Betrieben, sondern in überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (ÜBS) oder vergleichbaren Einrichtungen statt. Diese bieten mit ihren Lehrwerkstätten eine ideale Lernumgebung..
Der Unterschied zu einem Praktikum: Die Jugendlichen stehen nicht „daneben“ und schauen den Mitarbeitenden ihres Praktikumsbetriebs bei der Arbeit zu, sondern sie sind selbst aktiv. Und da sie es sind, die in den praxisorientierten BO-Tagen im Mittelpunkt stehen – und nicht etwa laufende Produktions- oder Geschäftsprozesse – können sie sich in geschütztem Raum selbst ausprobieren. Dabei steht ihnen stets ein erfahrener Ausbilder oder eine erfahrene Ausbilderin unterstützend zur Seite.
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Das Berufsorientierungsprogramm in den Bundesländern
Das Berufsorientierungsprogramm wird in unterschiedlicher Ausprägung in ganz Deutschland umgesetzt. In den meisten Bundesländern folgen auf die zweitägige Potenzialanalyse die fünf- bis zehntägigen praxisorientierten BO-Tage des Berufsorientierungsprogramms. Doch Dauer, Bezeichnung und Ausgestaltung dieser zwei Instrumente können – je nach getroffener Vereinbarung zwischen Bund und Ländern im Rahmen der Initiative Bildungsketten – variieren und von der Bundesrichtlinie abweichen.
Entscheidend ist der Grundgedanke des Programms, der sich als roter Faden durch alle Umsetzungsformen in den Ländern zieht: Die Jugendlichen erkunden spielerisch ihre persönlichen Stärken und probieren verschiedene Berufsfelder in geschütztem Raum und begleitet von erfahrenen Ausbilderinnen und Ausbildern selbst aus.
Welche Bildungseinrichtungen das BOP umsetzen, sehen Sie in unserer Projektlandkarte auf der Seite Das Programm vor Ort. Hier erhalten Sie außerdem Informationen zur landesspezifischen Ausgestaltung des Programms.
Es geht nicht ohne: Schulen und Eltern
Da sich das Berufsorientierungsprogramm im Sinne der Initiative Bildungsketten in das jeweilige schulische Berufsorientierungskonzept integriert, sind neben den Ausbildungsstätten besonders die Schulen als ihre Kooperationspartner eine zentrale Akteursgruppe.
Lesen Sie hier mehr zur Rolle der Schulen.
Auch die Eltern, oft wichtigste Bezugspersonen der am Programm teilnehmenden Schülerinnen und Schüler in Sachen Beruflicher Orientierung, werden in das Programm miteinbezogen. Sie werden im Vorfeld über die Philosophie und den Ablauf des BOP informiert und begleiten ihr Kind oft zu den Feedbackgesprächen.
Diese Informationsseite richtet sich direkt an die Eltern.
Geschlecht und Berufsorientierung
Noch immer werden manche Berufe als „typische“ Männer- oder Frauenberufe betrachtet und vom jeweils anderen Geschlecht nicht einmal in Erwägung gezogen. Das Berufsorientierungsprogramm bietet eine geschlechtssensible Berufs- und Studienorientierung an, damit die spätere Berufs- oder Studienwahl der Jugendlichen nicht vom gängigen Geschlechterklischee bestimmt, sondern nach individuellen Fähigkeiten und Interessen getroffen wird. Dabei muss auch die Lebensplanung frühzeitig in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.
Die Initiative Klischeefrei macht sich stark dafür, dass Jungen und Mädchen alle Berufe offen stehen. Mitglieder sind Unternehmen und Einrichtungen, die sich für eine moderne klischeefreie Berufswahl engagieren.
Integration durch Ausbildung
Berufliche Orientierung ist auch für junge Geflüchtete ganz besonders wichtig. Sie müssen nicht nur ihre beruflichen Perspektiven, sondern auch unser Bildungssystem und unsere Berufswelt kennenlernen. In den Schulklassen der allgemeinbildenden Schulen können sie am „normalen“ Berufsorientierungsprogramm teilnehmen. In einigen Ländern unterstützt das Berufsorientierungsprogramm außerdem im Rahmen von Bildungsketten-Vereinbarungen die berufliche Orientierung für Geflüchtete in beruflichen Schulen.
Zusätzlich hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Jahr 2016 das Programm "BOF - Berufliche Orientierung für Zugewanderte" gestartet. Seit 2024 werden im Rahmen des Nachfolgeprogramms „Berufliche Orientierung für Personen mit Flucht- und Migrationserfahrung (BOFplus)“ Kurse gefördert, in denen Zugewanderte schrittweise auf eine Ausbildung oder Qualifizierung vorbereitet werden.
Im Rahmen von BOFplus werden bis Ende 2027 Kurse angeboten, in denen Zugewanderte verschiedene Berufe in einer Berufsbildungsstätte praktisch erproben können, Fachsprache und Fachwissen zu den ausgewählten Berufen erlernen, Betriebe kennenlernen und bis zur Vermittlung in Ausbildung oder Qualifizierung bzw. Studium begleitet werden.
Weitere Informationen zum BOFplus-Programm finden Sie hier: