7. Jahrestagung „Selbstwirksamkeit in der Berufsorientierung“ : Datum: Ort: {0} Ort: Berlin
Erleben – Erkennen – Handeln: Auf der jährlichen Tagung des Berufsorientierungsprogramms tauschten sich rund 450 Vertreterinnen und Vertreter von Bildungsstätten darüber aus, wie Selbstwirksamkeit in der Berufsorientierung gesteigert werden kann.
Lesen Sie im Folgenden die gesamte Dokumentation zur Jahrestagung oder springen Sie direkt zu bestimmten Inhalten
Übersicht
Tag 1
- Das Smartphone als Lerntagebuch
- Podiumsdiskussion: Wie lässt sich Selbstwirksamkeit fördern?
- Kurzvorträge und Messe
- Evaluation des Berufsorientierungsprogramms
- Die weitere Ausgestaltung des Berufsorientierungsprogramms
- Die „Ich kann was!“-Initiative
Tag 2
- Forum 1a: Ist gut gemeint gleich gut gemacht?
- Forum 1b: Selbstreflexion in der schulischen Berufsorientierung umsetzen
- Forum 2a: Geflüchteten Feedback geben
- Forum 2b: Flüchtlinge mit traumatischen Erfahrungen im Übergang Schule-Beruf begleiten
- Forum 3a: Experimentieren in den Naturwissenschaften – Geschlechterunterschiede in der Selbstwirksamkeitserwartung
- Forum 3b: Selbstwirksamkeit im Berufsorientierungsprogramm unter geschlechtlicher Perspektive fördern
- Forum 4a: Selbstkompetenztraining zur Förderung der Berufswahlsicherheit
- Forum 4b: Stärkenschmiede – Vom Glauben an die eigenen Möglichkeiten
- Forum 5a: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?
- Forum 5b: Erlebte berufliche Orientierung in der gymnasialen Oberstufe
- Vortrag Dr. Maya Götz: Geliked und so wie ihr es gerne hättet – Das Mädchen- und Frauenbild in den Medien
Das Smartphone als Lerntagebuch: Die Erprobung eines Instruments zur Reflexion
Eine Stromleitung vom Schalter zur Lampe verlegen, einen Farbkreis malen oder einen grünen Plastiksalamander am Computer designen – Was habe ich heute in den Werkstatttagen eigentlich genau gemacht? Und wie hat sich das angefühlt? Tätigkeiten und ganz subjektive Eindrücke festhalten - genau darum ging es im Videotagebuch, das die Schülerinnen und Schüler mit ihrem Handy oder einem Tablet während der Werkstatttage des Berufsorientierungsprogramms (BOP) aufgenommen haben.
MinDirig Thomas Sondermann (Leiter der Unterabteilung Berufliche Bildung im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)) eröffnete die Jahrestagung und zeichnete die zwei BOP-Projekte aus, welche die Methode Videotagebuch im Herbst 2017 innerhalb ihrer Werkstatttage erprobt hatten.
Auf der Bühne berichteten Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Träger – das Teutloff Bildungszentrum Wernigerode und das bfz München – Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler – über ihre Erfahrungen mit dem Videotagebuch.
Für die Aufnahmen hatten die Jugendlichen an jedem praktischen Berufsorientierungstag in der Werkstatt zwei Mal 15 Minuten Zeit. Das Filmen war eingebettet in eine intensive Vor- und Nachbereitung, konzipiert und begleitet durch Medienpädagoge Thomas Podhostnik. Das Videotagebuch unterstützte die Schülerinnen und Schüler dabei, die praktische Berufsorientierung in den Werkstatttagen intensiv zu reflektieren und in Erinnerung zu behalten.
Podiumsdiskussion: Wie lässt sich Selbstwirksamkeit fördern?
In sorgfältiger Teamarbeit Klotz auf Klotz stapeln – und wenn der Turm steht, fühlt es sich gut an! Zum Einstieg in die Diskussion hatten einige Teilnehmende aus dem Publikum die Möglichkeit, auf der Bühne eine Selbstwirksamkeitserfahrung zu machen – und zwar beim Geschicklichkeitsspiel „Turmbau“, einer Kooperationsübung, die manche Träger in der Potenzialanalyse des Berufsorientierungsprogramms nutzen.
Wie kann man Selbstwirksamkeit in Schule und Ausbildung konkret fördern? Zu dieser Frage diskutierte Moderatorin Angela Elis mit ihren Gästen Prof. Dr. Bärbel Kracke (Friedrich-Schiller-Universität Jena), Thomas Lundt (Lundtauto Sportwagen Service GmbH) und Wolfram Böhme (QuerWege e.V., Jena).
Prof. Dr. Bärbel Kracke definierte Selbstwirksamkeit als Überzeugung, mit schwierigen Situationen umgehen zu können. Es erfordert pädagogischen Einfluss, damit Selbstwirksamkeitserfahrungen möglich werden. Sie wies darauf hin, wie wichtig es ist, Jugendlichen gegenüber Wertschätzung zu zeigen und Anforderungen an sie zu stellen, die sie gut bewältigen können.
Die Podiumsgäste waren sich darin einig, dass Erziehung auch immer Beziehung bedeutet. Wolfram Böhme und Thomas Lundt hoben hervor, dass es in der Beziehung zwischen pädagogischen Fachkräften und Schülerinnen und Schülern darauf ankommt, das Individuum zu sehen.
Thomas Lundt machte deutlich, dass Selbstwirksamkeit vor allem Respekt bedingt. Behandelt man junge Menschen so, wie man selbst behandelt werden möchte, ist die Basis für Selbstwirksamkeitserfahrungen gelegt. Wolfram Böhme betonte, dass Jugendliche Anlässe spüren müssen, in denen sie merken: „Ich bin wer und ich kann was – ich bin etwas wert“.
Kurzvorträge
Kurzvortrag „IbeA – der Berufecheck: Ein Instrument zur Reflexion und Erfassung des beruflichen Aspirationsfelds Jugendlicher“
Elisabeth Rotter, TU Darmstadt
Berufliche Aspirationen und Interessen spielen neben individuellen Fähigkeiten der Jugendlichen sowie Anforderungen und Angeboten der Berufs- und Arbeitswelt eine wesentliche Rolle für den Berufswahlprozess. Sowohl theoretisch als auch empirisch lassen sie sich als individuelle Ressource bei der Bewältigung des Übergangs von der Schule in die eigene berufliche Zukunft interpretieren. Daher sollten berufliche Aspirationen bereits in der Anfangsphase von Berufsorientierungsmaßnahmen aufgegriffen werden.
Um die entsprechenden Reflexionsprozesse anzustoßen, entwickelte der Arbeitsbereich Berufspädagogik der TU Darmstadt das Online-Instrument IbeA zur Visualisierung des individuellen Aspirationsfeldes. Grundlage war die entwicklungspsychologische Berufswahltheorie von Linda S. Gottfredson. Das Instrument soll zugleich in der Forschung hinsichtlich der Entwicklung und Veränderungen des beruflichen Aspirationsfeldes eingesetzt werden.
Im Kurzvortrag wurden theoretische und empirische Grundlagen und deren Umsetzung im IbeA-Instrument vorgestellt und erläutert, wie es im Berufsorientierungsprozess sinnvoll eingesetzt werden könnte.
Die Präsentation steht auf überaus (Community –> Gruppe Berufsorientierungsprogramm –> Dateiablage) zum Download zur Verfügung.
Kurzvortrag „Das Smartphone als Lerntagebuch: Die Erprobung eines Instruments zur Reflexion im Berufsorientierungsprogramm“
Thomas Podhostnik, freier Autor, Medienpädagoge und Medienproduzent, Inhaber von TOP Medienconsulting
Podhostnik knüpfte in seinem Kurzvortrag an die im Plenum erfolgte Vorstellung des Videotagebuchs als Reflexionsinstrument zu den Werkstatttagen an und ging weiter ins Detail.
Im Mittelpunkt standen die Fragen: Wozu dient die Methode Videotagebuch? Welche Ansätze wurden für die Umsetzung gewählt? Wie sah die Durchführung an den beiden Standorten, an denen die Methode während der Werkstatttage des Berufsorientierungsprogramms erprobt wurde, konkret aus? Welche Schritte sind erforderlich, um die Methode Videotagebuch erfolgreich durchzuführen?
Die Methode wurde aus der Überlegung heraus geboren, dass der Reflexionsprozess in und nach den Werkstatttagen zentral für deren Erfolg ist. Es wurde der BYOD-Ansatz (Bring your own device – Nutzung des eigenen Smartphones) gewählt, da er zum einen die Schülerinnen und Schüler in ihrer Lebenswelt abholt und zum anderen digitale Tools (Handys, Tablets) mit einem pädagogischen Mehrwert versieht, indem man ihren Einsatz mit einer inhaltlich gehaltvollen Aufgabe verknüpft – der Dokumentation eigener Eindrücke zum Zwecke der Reflexion.
Um den Vorgang gut in den Ablauf der Werkstatttage integrieren zu können, wurde eine „Partizipationspause“ von 10 bis 15 Minuten ausgerufen. In dieser Zeitspanne traten die Schülerinnen und Schüler aus dem Arbeitsprozess zurück, um den Videotagebucheintrag zu konzipieren und umzusetzen.
Der Raum für den Dreh der Videotagebücher wurde vom Bildungsträger eingeräumt und eingegrenzt. Es wurde bestimmt, was gedreht werden darf und was nicht. So kamen die Videotagebucheinträge beispielsweise ohne Selfies und das Drehen von anderen Personen aus. Auch die Länge der Einträge und die darin zu beantwortenden Fragen wurden vorgegeben. Als Rahmung der Einträge und zu deren inhaltlicher Strukturierung wurde eine „Opening Card“ (eine Entsprechung zur Filmklappe) eingesetzt, auf der die Schülerinnen und Schüler die wichtigsten Daten zum Eintrag schriftlich festhalten konnten.
Zum Abschluss kamen spezielle Methoden zum Einsatz, um die Videotagebücher in Gruppenarbeit und Peer-to-peer Gesprächen auszuwerten und damit die Reflexion der Werkstatttage zu befördern. Die Methode Videotagebücher erwies sich dabei als einfach durchzuführendes und effektives Mittel zur Förderung von Reflexionsprozessen.
Die Präsentation steht auf überaus (Community –> Gruppe Berufsorientierungsprogramm –> Dateiablage) zum Download zur Verfügung.
Kurzvortrag „Bundesinitiative Klischeefrei: Nationale Kooperationen zur Berufs- und Studienwahl frei von Geschlechterklischees“
Miguel Diaz, Kompetenzzentrum Technik, Diversity und Chancengleichheit
Auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt in Deutschland orientieren sich Frauen und Männer nach wie vor sehr unterschiedlich. Das betrifft sowohl die Ausbildungswege, die Mädchen und Jungen einschlagen, als auch die Ausbildungsberufe und Studienfächer, für die sie sich entscheiden. So sind männliche Jugendliche bei der dualen (60%) und weibliche Jugendliche bei der vollzeitschulischen Ausbildung (70%) überrepräsentiert.
Innerhalb des eingeschlagenen Ausbildungsweges gehen beide Geschlechter dann weiterhin sehr unterschiedliche Wege: Fast drei Viertel der jungen Frauen und über die Hälfte der jungen Männer konzentrieren sich auf lediglich 20 duale Ausbildungsberufe, obwohl im dualen System fast 330 Ausbildungsberufe zur Verfügung stehen. Sowohl in den Schulklassen der berufsbildenden Schulen als auch an den Hochschulen zeigen sich bei der Fächerwahl der Studierenden ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen jungen Frauen und Männern.
Häufig richten junge Menschen ihre Berufswahlentscheidung also nach überkommenen Mustern aus und schränken damit ihr Berufswahlspektrum stark ein. Dabei sollten junge Menschen Berufe finden, die zu ihren Stärken passen und ihnen Spaß machen – frei von Klischees und Geschlechterzuweisungen.
Dieses Ziel verfolgt die Bundesinitiative „Nationale Kooperationen zur Berufs- und Studienwahl“ – kurz „Bundesinitiative Klischeefrei“. Sie stellt dafür allen am Berufswahlprozess Beteiligten folgende Angebote zur Verfügung:
- Anregungen und Beispiele Guter Praxis für eine klischeefreie Berufsorientierung
- Griffige Faktenblätter zur geschlechtergerechten, klischeefreien Berufs- und Studienwahl für unterschiedliche Themenbereiche
- Praktische Arbeitshilfen für die tägliche Arbeit mit Jugendlichen
- Beratung zur Gestaltung und Begleitung geschlechtergerechter Berufsorientierung
- Kontakte und Links auf nützliche Angebote von anderen
- Veranstaltungshinweise
Nach dem Prinzip der klischeefreien Berufs- und Studienwahl fördern alle am Berufswahlprozess Beteiligten Jugendliche bei einer Berufs- und Studienwahl, die frei ist von Geschlechterzuweisungen und Klischees – angefangen bei den Eltern über die Fachkräfte aus Früherziehung, Schulen, Hochschulen, Unternehmen und Einrichtungen bis zur Berufsberatung.
Elke Büdenbender, Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ist Schirmherrin der Bundesinitiative Klischeefrei.
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Messe
Ergebnisse aus der Evaluation des Berufsorientierungsprogramms
Dr. Jörn Sommer von der InterVal GmbH präsentierte ein Fazit aus der Evaluation des Berufsorientierungsprogramms (BOP). Aus der Evaluation ergibt sich insgesamt die Empfehlung, das BOP weiterhin zu fördern. Das Programm sorgt für Struktur im Berufswahlprozess von Jugendlichen und ist darüber hinaus ein äußerer Anreiz für Schulen, die Berufsorientierung ihrer Schülerinnen und Schüler aktiv zu begleiten.
Das BOP soll inhaltlich aber auch weiterentwickelt werden. Erstens gilt es, die Selbstbewertung und Selbstreflexion der Teilnehmenden zu stärken. Zweitens müssen in der Potenzialanalyse die Bezüge zu Berufswahlfragen für Schülerinnen und Schüler deutlicher herausgearbeitet werden. Drittens sollten die Jugendlichen bei der Auswahl der Berufsfelder pädagogisch intensiver begleitet werden. In dieser Hinsicht soll das BOP unter dem Genderaspekt weiterentwickelt werden, so Dr. Sommer. Für geschlechtsuntpyische Berufe soll durch Erfahrungsmöglichkeiten zu beruflichen Handlungssituationen in der Potenzialanalyse Interesse geweckt werden.
Nicht zuletzt soll das Programm noch praxisnaher werden, insbesondere bei der Gestaltung der Werkstatttage. Aufgabenstellungen sollten individualisiert und vorab stärker mit den beteiligten Schulen abgestimmt werden.
Die Präsentation steht auf überaus (Community –> Gruppe Berufsorientierungsprogramm –> Dateiablage) zum Download zur Verfügung.
Die weitere Ausgestaltung des Berufsorientierungsprogramms
Dr. Hans-Ortwin Nalbach (Bundesministerium für Bildung und Forschung – BMBF) skizzierte, wie das Berufsorientierungsprogramm (BOP) künftig ausgestaltet wird. Das BOP ist im Rahmen von Bildungsketten-Vereinbarungen in einzelnen Bundesländern modifiziert worden, doch seine Zielsetzungen bleiben weiterhin Anliegen des BMBF. Daher wird das Ministerium das Programm gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung auch künftig eng begleiten. Dr. Nalbach hob drei für die künftige Ausgestaltung wichtige Aspekte hervor:
Das BOP wird durch Videos zu den einzelnen Berufsfeldern der Werkstatttage auf der Website www.berufsorientierungsprogramm.de medial unterstützt. Ergänzt werden die Filme durch Listen der zum jeweiligen Berufsfeld zugehörigen Berufe mit Links auf weiterführende Detailinformationen und erläuternde Berufsvideos. Damit kann die Webseite zur Vor- und Nachbereitung der Werkstatttage im Bildungszentrum, in der Schule und von den Jugendlichen zu Hause genutzt werden.
Sodann wird das BOP – egal, ob modifiziert über eine Bildungsketten-Vereinbarung oder im Original über die Förderrichtlinie realisiert – künftig noch stärker über Workshop-Angebote begleitet. Diese dienen dem Erfahrungsaustausch und der Qualitätssicherung in der Durchführung.
Ein weiteres Anliegen des Berufsorientierungsprogramms ist, Rollenbilder in der Berufsorientierung aufzubrechen und Selbstverwirklichung zu ermöglichen. Tradierte Rollenmuster aufbrechen – dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und das BOP kann durch seine inhaltliche Ausgestaltung dazu beitragen. Vor diesem Hintergrund rief Dr. Nalbach dazu auf, sich an der Bundesinitiative Klischeefrei zu beteiligen. Das Web-Portal der Initiative www.klischee-frei.de wird in der Programmstelle Berufsorientierung betreut.
Können, das stark macht! Die „Ich kann was!“-Initiative
Die Gäste Ilona Böttger und Dr. Birgit Schmitz stellten Projekte der Deutschen Telekom Stiftung vor, in denen Kinder und Jugendliche Selbstwirksamkeitserfahrungen machen können. Ilona Böttger präsentierte die Initiative „Ich kann was!“, die Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen fördert. In praktischen Projekten probieren die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich aus, reflektieren ihr Tun und entwickeln Selbstvertrauen.
Dr. Birgit Schmitz machte die Teilnehmenden mit den sogenannten GestaltBars vertraut. Das Projekt richtet sich an Jugendliche aus sozial schwierigem Umfeld, die in digitalen Werkstätten praxisnah an digitale Technologien herangeführt werden. Durch Strategien wie interessengeleitetes Experimentieren und Formulieren erreichbarer Ziele machen die Projekte Selbstwirksamkeit positiv erfahrbar.
Impressionen aus Tag 1
Selbstwirksamkeit: Konzept und Förderung
Fachvortrag Prof. Dr. Matthias Jerusalem
Zu Beginn des zweiten Tages erläuterte Prof. Dr. Matthias Jerusalem von der Humboldt-Universität zu Berlin das Konzept der Selbstwirksamkeit und wie durch Erfolgserfahrungen Selbstwirksamkeit gefördert werden kann. Er definiert: „Selbstwirksamkeit kennzeichnet die persönliche Überzeugung, schwierige Anforderungen aus eigener Kraft meistern zu können.“
Prof. Dr. Jerusalem beschrieb, wie durch Erfolgserfahrungen Selbstwirksamkeit entsteht. Positive Erfahrungen können entweder selbst gemacht (direkte persönliche Erfolgserfahrung) oder bei anderen beobachtet werden (indirekte oder stellvertretende Erfolgserfahrung). Darüber hinaus kann Selbstwirksamkeit durch Zusprechen und Ermutigung entstehen (symbolische Erfolgserfahrung).
Prof. Dr. Jerusalem stellte Erfolgserfahrungen dar, die sich als förderlich für die Selbstwirksamkeit erwiesen haben. Dazu gehört die Erfolgserfahrung durch Individualisierung, wobei sich eine Person beispielsweise konkrete Nahziele setzt, diese erreicht und ermutigendes Feedback dazu erhält. Selbstwirksamkeit lässt sich, so Jerusalem, darüber hinaus durch Selbstbestimmung und Eigeninitiative fördern, etwa durch Wahlmöglichkeiten im Unterricht und selbstreguliertes Lernen. Nicht zuletzt spielt soziale Einbindung und Kooperation bei der Förderung von Selbstwirksamkeit eine entscheidende Rolle. Hier kommt es auf ein positives Klassenklima in Verbindung mit kooperativen Lernformen an.
Die Foren
Auf der 7. BOP-Jahrestagung gab es fünf Themenforen, in denen insgesamt zehn ausgewählte Projekte des Berufsorientierungsprogramms ihre Arbeit vorstellten. In allen Foren gab es Raum für Fragen und Austausch.
Forum 1: Feedback und Reflexion in der Berufsorientierung
Moderation: Carolin Kunert, BIBB
Forum 1, Workshop 1: „Hast du alles schon ganz super gemeistert!“ Ist gut gemeint gleich gut gemacht …?
Vorgestellt von: Manuel Epker, Institut für Bildungskooperation, Münster
Feedback und Reflexion sind äußerst relevant für die Wirkung von Berufsorientierungsmaßnahmen – das zeigen die Ergebnisse der Evaluation des Berufsorientierungsprogramms. Diese erwiesene Relevanz war ausschlaggebend für die Entstehung des neuen Seminarangebots „Feedback und Reflexion“, mit dessen Entwicklung die Programmstelle Berufsorientierung im BIBB das Institut für Bildungskooperation in Münster (IfBk) beauftragt hat.
Der Leiter des Instituts Manuel Epker gab einen Überblick über die theoretischen und praktischen Inhalte des Seminars. Im Fokus stand dabei die Frage, was gutes Feedback ausmacht und wie aus Feedback Reflexion wird, um Lernprozesse anzuregen. Der theoretische Input wurde mit verschiedenen Übungen begleitet, um die vermittelten Inhalte praktisch erlebbar zu machen.
Die Präsentation steht auf überaus (Community –> Gruppe Berufsorientierungsprogramm –> Dateiablage) zum Download zur Verfügung.
Forum 1, Workshop 2: „Was nehme ich hieraus mit?“ Wie lässt sich Selbstreflexion in der schulischen Berufsorientierung umsetzen?
Vorgestellt von: Dr. Claudia Kalisch, Universität Rostock
Für die Wirksamkeit von Maßnahmen der Berufsorientierung ist wichtig, dass reflektierende Gespräche über praktische Erfahrungen auch in der Schule systematisch weitergeführt werden. Dr. Claudia Kalisch von der Universität Rostock stellte gemeinsam mit Liane Palatschek, Dr. Matthias Schöpa und Steven Oklitz – alle drei aus dem Schulzentrum Barth – Möglichkeiten und Erfahrungen vor, wie Selbstreflexion sinnvoll in den schulischen Berufsorientierungskontext eingebettet werden kann.
In der Präsentation ging es zum einen grundsätzlich um Anlässe zur Selbstreflexion im Unterricht und im Ganztagsangebot. Zum anderen ging es um die Vorstellung des Pilotprojekts „SELFIE“ („Selbsterkundung und Förderung individueller Entscheidungen“), ein neues Modell der Potenzialanalyse, das in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt wird.
Eine besonders große Herausforderung liegt darin, die verschiedenen Anlässe und Themen von Selbstreflexion miteinander in Beziehung zu setzen. Dies birgt aber auch die Chance, Schulen stärker miteinzubeziehen. Denn es wird deutlich: Vieles passiert schon, heißt aber noch nicht „Berufsorientierung“.
Die Präsentation steht auf überaus (Community –> Gruppe Berufsorientierungsprogramm –> Dateiablage) zum Download zur Verfügung.
Forum 2: Individuelle Begleitung für Geflüchtete
Moderation: Gerburg Benneker, BIBB
Forum 2, Workshop 1: „Geflüchteten Feedback geben – Worauf muss ich achten, was ist hilfreich“
Vorgestellt von: Frederike von Denffer, Trainerin und Beraterin für Interkulturelle Kommunikation, Kölner Institut für Interkulturelle Kompetenz e.V. (KIIK)
Bilal aus Syrien, 16 Jahre alt, möchte von Sozialpädagogin Frau Roth am Ende des Auswertungsgesprächs der Potenzialanalyse wissen, welche Ausbildung er nun absolvieren soll. Sie fragt sich, was falsch gelaufen ist – denn Ziel der Potenzialanalyse ist keine Berufswahlempfehlung, sondern vielmehr ein Einstieg in die Berufsorientierung, der den Blick der Schülerinnen und Schüler für Möglichkeiten öffnet. Ausgehend von Bilals Beispiel hat Frederike von Denffer, Trainerin und Beraterin für Interkulturelle Kommunikation des „Kölner Institut für Interkulturelle Kompetenz e.V. (KIIK)“, den Anwesenden dargelegt, wie solch eine Situation in der Praxis hilfreich analysiert werden kann.
Neben Informationen zu unterschiedlichen kulturellen Orientierung, z.B. zu Macht und Kommunikation, wurde das „KPS-Modell“ eingeführt, in dem es um kulturelle (K), persönliche (P) oder situative (S) Einflussfaktoren geht. Am Beispiel einer Problemsituation in der Ausbildung zwischen dem Meister und dem Auszubildenden aus Syrien haben die Teilnehmenden in „Murmelgruppen“ (kurze Gespräche mit den Nachbarn) die Einflussfaktoren diskutiert und analysiert. Mit einer abschließenden Liste von Fragen insbesondere auch für Feedback-Gespräche mit Geflüchteten nahmen die Teilnehmenden Handwerkszeug für Ihre Arbeit mit.
Die Präsentation von KIIK steht auf überaus (Community –> Gruppe Berufsorientierungsprogramm –> Dateiablage) zum Download zur Verfügung.
Forum 2, Workshop 2: „Individuelle Begleitung von Flüchtlingen mit traumatischen Erfahrungen im Übergang Schule-Beruf“
Vorgestellt von: Ulrike Imm-Bazlen, Systematische Therapeutin und Traumpädagogin, Schwäbisch Hall
„Trauma ist keine Krankheit, sondern eine emotionale Wunde, eine Verletzung, die der Mensch mit sich herumträgt und die noch nicht abgeheilt ist“ – beginnend mit dieser Aussage erläutert Ulrike Imm-Bazlen, Systemische Therapeutin und erfahrene Traumapädagogin, den Anwesenden, was ein Trauma ist und welche Auswirkungen es für den Einzelnen haben kann.
Anhand von Beispielen wird dargelegt, dass traumatisierte Menschen sich in ständiger „Habachtstellung“ befinden und sich durch unterschiedlichste auch kleinere Anlässe, z.B. durch Lärm, plötzlich bedroht fühlen und entsprechend reagieren können. Das Wissen um die unterschiedlichsten Traumakonsequenzen ist in der Begleitung im Übergang Schule-Beruf von enormer Bedeutung. Neben der Vermittlung von Sicherheit und Vertrauen ist es vor allem wichtig, so Imm-Bazlen, den jungen Menschen in Ihrer Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit zu stärken. Der dichte Vortrag mit vielen Informationen und Beispielen sensibilisierte die Teilnehmenden für ihre Arbeit mit traumatisierten Schülerinnen und Schülern und Auszubildenden.
Die Präsentation steht auf überaus (Community –> Gruppe Berufsorientierungsprogramm –> Dateiablage) zum Download zur Verfügung.
Forum 3: Geschlecht und Selbstwirksamkeit
Moderation: Katrin Böhnke und Christiane Helmstedt, BIBB
Forum 3, Workshop 1: „Experimentieren in den Naturwissenschaften – Geschlechterunterschiede in der Selbstwirksamkeitserwartung“
Vorgestellt von: Prof. Dr. Hans-Dieter Körner und Dr. Susanne Ihringer, Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd
Mädchen trauen sich in den Naturwissenschaften weniger zu als Jungen. Dies liegt an tradierten und auch heute noch stark wirksamen Rollenbildern, die immer wieder reproduziert, aktiviert und aufrechterhalten werden. Mit verheerender Wirkung: Sie schwächen Mädchen in ihrer Selbstwirksamkeit besonders in Bereichen, die gesellschaftlich „männlich“ konnotiert werden.
Wie können pädagogisch Tätige didaktisch dazu beitragen, Berufsfelderkundung in den Naturwissenschaften so zu gestalten, dass Jungen wie Mädchen gleichermaßen Spaß daran haben und ihre Fähigkeiten entdecken? Prof. Dr. Hans-Dieter Körner und Dr. Susanne Ihringer von der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd haben hierzu ihre Forschungsergebnisse und erprobte Methoden zur Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion von Geschlechterstereotypen vorgestellt.
Im Workshop konstruierten Teilnehmende mit Hilfe von Rollenspielen bewusst Geschlechtsstereotype: Zwei Teilnehmerinnen stellten dar, wie aus ihrer Sicht Jungen experimentieren. Anschließend zeigten zwei Teilnehmer, wie aus ihrer Sicht Mädchen experimentieren. Zur Verfügung standen diverse Utensilien wie Bunsenbrenner, Schutzhandschuhe oder Anzünder, die halfen, die klischeehaften Vorstellungen möglichst authentisch wiederzugeben.
Danach wurden die Zuschauerinnen und Zuschauer gebeten, die Aktionen der Geschlechter zu beschreiben. Anschließend wurde die Unterschiede identifiziert und diskutiert, wie stereotype Alltagstheorien über die Geschlechter die Selbstbilder und Selbstwirksamkeit soziopsychologisch beeinflussen.
Auf www.klischee-frei.de finden Sie in der Rubrik „Wissen“ die Studie von Prof. Dr. Körner und Dr. Ihringer unter dem Schlagwort „MINT“. Sie behandelt den speziellen fachdidaktischen Aspekt der Selbstwirksamkeit von Mädchen und Jungen beim naturwissenschaftlichen Experimentieren.
Forum 3, Workshop 2: „Selbstwirksamkeit im BOP unter geschlechtlicher Perspektive fördern“
Vorgestellt von: Nadia Hauser und Nora Tuschhoff, Bildungszentrum bzh Märkischer Kreis gGmbH
Was zeigt das Genderrad und was wäre wohl aus Mutter Theresa geworden, wenn sie als Mann geboren wäre? Mit diesen Aufgaben und Fragen stellten Nadia Hauser und Nora Tuschhoff – beide bzh Märkischer Kreis – ihre Erfahrungen und erprobte Methoden zum Thema Gender und Selbstwirksamkeit vor. Sie gaben dem Publikum hilfreiches Handwerkszeug weiter, um mit Jugendlichen im Berufsorientierungsprogramm ein Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit anzustoßen.
Im Workshop konnten die Methoden direkt ausprobiert werden: Das Genderrad (nach Prof. Bettina Franzke) zeigt, dass soziales und biologisches Geschlecht und damit verbundene Eigenschaften voneinander unabhängig sein können. Es zeigt auf, dass jeder Mensch und auch die Assoziation verschiedener Berufsfelder mit weiblichen und männlichen Anteilen besetzt sind. Die zweite Übung regt dazu an, bekannte Persönlichkeiten aus einer geschlechtlich anderen Perspektive zu betrachten und damit Gespräche über Rollenstereotype zu initiieren.
Beide Methoden sind praxiserprobt und leicht durchzuführen. Sie wurden jeweils mit Zitaten von Jugendlichen im Berufsorientierungsprogramm unterlegt, die zeigten, dass häufig noch konservative Rollenbilder vorherrschen, die es zu diskutieren und dekonstruieren gilt. Die anwesenden Gäste konnten so neue Impulse für die eigene Durchführung des Programms mitnehmen und im Austausch praxistaugliche Ideen entwickeln.
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Forum 4: Selbstwirksamkeit im Brennpunkt
Moderation: Guido Kirst, BIBB
Forum 4, Workshop 1: „Selbstkompetenztraining zur Förderung der Berufswahlsicherheit“
Vorgestellt von: Dr. Bärbel Amerein, Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd
Selbstzugang – Selbstwirksamkeit – Selbstkompetenz: Wo liegen die Unterschiede, was sagt die Forschung zu diesen Fragen und in welchem Zusammenhang stehen sie mit der Berufsorientierung? Nach einem kurzen Überblick über die theoretischen Grundlagen erläuterte Dr. Bärbel Amerein das von der Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd entwickelte SMS-Trainingskonzept.
SMS steht hier für Selbstreflexion, Motivation und Selbstdarstellung. Die Idee hinter dem Trainingskonzept: Je besser Jugendliche dazu befähigt werden, ihre eigenen Fähigkeiten und individuellen Möglichkeiten wahrzunehmen und diese zu stärken, desto besser sind sie für die Bewältigung des Übergangs von der Schule in Ausbildung und Beruf gewappnet.
Erprobt und evaluiert wurde das Konzept zwischen 2005 und 2009 gemeinsam mit Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern aus Baden-Württembergischen, Bayerischen und Österreichischen Schulen der Sekundarstufe I. Inzwischen stehen Trainingsmaterialien zur Verfügung, die es allen interessierten Lehrkräften ermöglichen soll, das Trainingskonzept eigenständig an der eigenen Schule umzusetzen. Gegen Ende des Workshops bearbeiteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst einen Reflexionsbogen und konnten so einen ersten Einblick in die Arbeit mit den Materialien erhalten.
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Forum 4, Workshop 2: „Stärkenschmiede – Vom Glauben an die eigenen Möglichkeiten“
Vorgestellt von: Katja Reuter, Malaika e.V., Aachen
Ein Stück rote Schnur, versehen mit Knoten, manchmal mit wenigen, manchmal mit vielen. Mit diesem Andenken entließ Katja Reuter von Malaika e.V. die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem zweiten Workshop des Forums. Jeder Knoten stand stellvertretend für eine Person, ein Tier, ein Ereignis, das dem Besitzer oder der Besitzerin der Schnur im Leben besonders wichtig ist oder war.
Die Botschaft von Katja Reuter und ihrer Stärkenschmiede: den Blick auf die positiven Dinge, die Stärken und Fähigkeiten lenken und die so gewonnene Erkenntnis in die Bewältigung der alltäglichen Hindernisse mitnehmen. Dazu arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der „Stärkenschmiede“ mit Jugendlichen in acht Förderschwerpunkten:
- Motivationsklärung und -stärkung
- Kreativität als Ressource
- Zieldefinition, Zielorientierung und -überprüfung, Zielerreichung
- Umgang mit Herausforderungen und Hindernissen (Scheitern)
- Teamfähigkeit
- Erleben von Selbstwirksamkeit
- Lust am Tun
Die rote Schnur war dabei nur eines von vielen Beispielen, die im Projekt eingesetzt werden, um den Jugendlichen vor Augen zu führen, welche Interessen, Stärken und Fähigkeiten in ihnen stecken. Das Methodenrepertoire reicht von erlebnispädagogischen Teamübungen über die Achtsamkeit stärkende Einzelaufgaben bis hin zu Kunst- und Tanzprojekten.
Mehr über die Stärkenschmiede erfahren.
Forum 5: Selbstwirksamkeit im Bildungsverlauf
Moderation: Anna Hetzinger, BIBB
Forum 5, Workshop 1: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr …?“
Vorgestellt von: Agnieszka Zyluk, Initiative Berliner Schulpate gGmbH, Programm „Abenteuer Beruf – Gemeinsam machen wir Grundschulen stark“
Man kann nicht früh genug damit beginnen, Kindern Berufe nahezubringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn in Familien etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit Vorbilder fehlen. Agnieszka Zyluk, Projektkoordinatorin der Berliner Schulpaten, berichtete über die Initiative Berliner Schulpate und ihr Programm „Abenteuer Beruf“. Das Angebot richtet sich an die vierten und fünften Klassen an Berliner Grundschulen in Stadtteilen mit hoher sozialer Belastung. An 27 Schulen sind Berufspaten bereits aktiv und stellen im Rahmen von Berufestunden ihre Arbeit vor. Dabei achten sie auf Anschaulichkeit: In der Regel gibt es immer etwas zum Anfassen, Ausprobieren oder Erschnuppern.
Berufspate kann jeder werden. Entsprechend vielfältig sind die Kooperationspartner – vom großen Unternehmen bis zur kleinen Schreinerwerkstatt. Einen (oftmals ersten) Einblick in die Arbeitswelt erhalten die Schülerinnen und Schüler bei den im Anschluss an die Berufestunden stattfindenden Betriebsbesichtigungen. Dabei geht es nicht um eine erste berufliche Orientierung, sondern um das Eröffnen neuer Erfahrungs- und Möglichkeitsräume, in denen die Kinder sich offen und neugierig ausprobieren und im besten Fall die eigenen Interessen entdecken können. Denn das ist der eigentliche Kern der Initiative: spielerisch Berufe erkunden und somit Erfahrungen ermöglichen, die sich positiv auf die Selbstwirksamkeitserwartungen des Einzelnen auswirken. Die Initiative Berliner Schulpate wurde initiiert von der Handwerkskammer Berlin.
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Forum 5, Workshop 2: „Das ist aber praktisch!“ Erlebte berufliche Orientierung in der gymnasialen Oberstufe
Vorgestellt von: Michael Eß, P-Seminar-Koordinator, Beratungslehrer, Systematischer Berater, Gymnasium bei St. Stephan, Augsburg
In der gymnasialen Oberstufe haben Schülerinnen und Schüler aus Bayern die Gelegenheit, sich im Rahmen des P-Seminars (Praxisseminar zur Studien- und Berufsorientierung) über einen Zeitraum von drei Halbjahren, beginnend mit Klasse 11, praktisch zu erproben. In selbstorganisierten Projekten zu vielfältigen Themen sammeln sie Erfahrungen in unterschiedlichen beruflichen Kontexten.
Michael Eß, Beratungslehrer und Koordinator der P-Seminare am Gymnasium bei St. Stephan, erläutert, dass die Schülerinnen und Schüler – im Gegensatz zum schulischen Alltag – hauptverantwortlich für das Gelingen des Projekts sind. In Eigenregie übernehmen sie die gesamte Projektplanung, das Zeitmanagement sowie die Bewertung am Ende des Seminars. In den meisten Fällen werden hierzu Kooperationen mit Unternehmen und anderen externen Partnern eingegangen, die die Projekte fachlich mitbegleiten. So erhalten die Schülerinnen und Schüler gleichzeitig Einblicke in verschiedene berufliche Tätigkeiten und Arbeitsabläufe. So eröffnet das P-Seminar neue Erfahrungs- und Handlungsräume.
Joel Keller, Schüler des Gymnasiums bei St. Stephan (Augsburg), berichtete von seinen Erfahrungen im P-Seminar zum Thema Elektromobilität, aus dem eine Website für Interessenten mit vielen Informationen zu Vor- und Nachteilen von Elektromobilität sowie Testberichten zu Elektroautos und E-Bikes entstanden ist.
Von den P-Seminaren profitieren die Schülerinnen und Schüler auf vielfältige Weise: Sie erleben, wie sie aus eigener Kraft Projekte entwickeln und umsetzen können, sie erhalten Einblicke in reale berufliche Kontexte und Arbeitsprozesse und lernen gleichzeitig etwas über ihre eigenen Interessen und Neigungen – ein Modell, das auch für Gymnasien in anderen Bundesländern interessant sein könnte.
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Fachvortrag Dr. Maya Götz: Geliked und so wie ihr es gerne hättet – Das Mädchen- und Frauenbild in den Medien
Zum Abschluss der zweitätigen Fachtagung des Berufsorientierungsprogramms referierte Dr. Maya Götz, Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI), über das Mädchen- und Frauenbild in den Medien.
Bereits in jungen Jahren findet eine genderspezifische Sozialisation von Mädchen und Jungen statt, die Auswirkung auf Selbstwirksamkeitserwartungen und schließlich auch auf die Berufswahl hat. Medien spielen in dieser Sozialisation eine entscheidende Rolle: So werden Mädchen in den Medienwelten der Kinder häufig als Prinzessinnen dargestellt, verbunden mit der Botschaft „du bist wertvoll, weil du geboren bist“. In ihrer Fantasie wollen Mädchen Selbstwirksamkeit vor allem durch Care-Arbeit erreichen, beispielsweise Kinderbetreuung, Altenpflege oder andere Fürsorge- und Pflegearbeit.
Die weiblichen Figuren im Kinderfernsehen stellen unrealistische Erwartungen an die jungen Zuschauerinnen. Die Körpermaße der Figuren, beschreibt Götz, sind so konstruiert, dass es physisch schlichtweg unmöglich ist, diese zu erreichen.
Durch Rückmeldung von außen erleidet die Selbstwirksamkeitserwartung von Mädchen einen „Knacks“: Mädchen haben häufig das Gefühl, den Anforderungen nicht zu entsprechen, und gehen damit anders um als Jungen.
Im Teenager-Alter sind junge Mädchen einem extremen Anpassungsdruck ausgesetzt. Auf YouTube inszenieren sich Mädchen selbst und bekommen das Gefühl vermittelt, nur dann wahrgenommen zu werden und etwas wert zu sein, wenn ihre Videos geliked werden. Auch in Formaten wie Germany’s Next Topmodel gibt es eine Reduzierung auf Körperlichkeit und einen hohen Anpassungsdruck, der dazu führt, Emotionen zu unterdrücken.